wpid-wp-1437983793031.jpeg„Danke für Punk“, „Danke fürs Bier holen“, „Danke für Alles“, „Danke für Hilfe in schwierigen Zeiten“, „Danke für den geilen Abend“, „Danke für die kalte Flasche Wasser am Morgen danach“. „Danke“ ist ein gemeinhin unterschätztes Wort, auch wenn es vielleicht nicht wirklich das punkigste Wort unserer Zeit ist, wie Zepp Oberpichler (Jimmy Keith, Schlaffke und Zepp) im Begleittext seiner neuen Platte behauptet. Denn die heißt „Danke“ und ist auch überhaupt nicht punkig. Denn ein ehrliches „Danke“ verweist auf besondere zwischenmenschliche Momente, möglicherweise auf einen Moment der Schwäche, die Einsicht, dass man ohne jemand anderen vielleicht nicht so gut dastehen würde, wie man es gerade tut, sei es weil man schlicht kein Bier in der Hand hätte, wenn es nicht jemand geholt hätte, weil man nie die Freiheit im Punkrock erlebt hätte, wenn nicht jemand damit begonnen hätte oder weil ein Freund eben da war, als man am Boden lag.

Auf diese Momente zielt auch der Zepp mit seiner neuen Platte. Nur mit der Gitarre, zehn eigenen Texten und zwei Lieblingsgedichten (Gryphius und Ernst Moritz Arndt) bewaffnet singt er Songs über das Leben und all diese besonderen Momente und Menschen. Dabei kommen dann eher flotte Songs wie „Schimmelreiter“ (zweifellos auch eine literarische Anspielung, wenn auch mit eigenem Text) oder auch sehr stille, nachdenkliche wie „Wie du bist“ heraus. In diesen Momenten erinnert Zepp manchmal an die Solosachen von Tom Liwa (Flowerpornoes).

Sowas ist immer ein schmaler Grat und vermutlich würde ich an dieser Stelle lieber nicht drüber schreiber, wenn es nicht geglückt wäre. Fernab von Kitsch klingen die Songs angenehm rau und spröde. Dass der Zepp gut texten kann, kann man nicht nur in seinem Gedichtband „Heartzland“ (übrigens in unserem liebenswerten Verlag Henselowsky Boschmann erschienen) bestaunen. So vermeidet er auch hier nebulöse Metaphernwolken, bleibt angenehm konkret und nachdenklich.

Also wie kann man diese Rezension beenden: Danke, lieber Zepp 🙂

Die CD ist über www.oberpichler.de sowie ausgewählten Fachhandel erhältlich. Digital ist sie in den einschlägigen Plattformen zu bekommen.

 

IMG_7699Tag 1

So, dann mal unser Senf zum 16. Punk im Pott: Die Reise begann äußerst pünktlich bereits um 15 Uhr am Bochumer Hauptbahnhof, diesmal wieder mit fachkundiger Begleitung durch Mr. Wolverine von Punkrockers Radio. Bewaffnet mit Diktiergerät und Fotoapparat ging´s ab zur Turbinenhalle, wo wir nur ca. eine halbe Stunde in der Schlange standen. Nach Berichten anderer, später angereister Personen, änderte sich das allerdings bald. Die Taschenkontrolle wurde dieses Jahr in die Halle verlegt und war teilweise wohl etwas unterbesetzt, was zu einigem Ärger über verpasste Bands führte. Frühes Erscheinen sei also für´s nächste Jahr schon mal angeraten. Für uns begann das Festival mit den letzten paar Songs von G140. Eine Band, die uns vor allem deshalb interessierte, da Rommel von den Lokalmatadoren hier den Bass bespaßt. Musikalisch spielen sechs Herren und eine Dame eine Mischung aus Ska und Rock, was mich persönlich nicht so anspricht und eher an eine (gute) Partyband erinnert. Die folgenden Missstand verpassten wir genauso wie den Anfang von Radio Havanna. Dafür führten wir tiefgründige Gespräche und nötigten allerlei Leute zu ersten Mini-Jahresabschluss-Interviews. Die Ergebnisse gibt’s am 06.01.2015 ab 20 Uhr in Wolverines Plattenküche auf Punkrockers-radio.de nachzuhören, einschalten lohnt! Musikalisch ging es dann erst mit Chefdenker weiter, die diesmal (zusammen mit dem Bambix-Basser) zu fünft auf der Bühne standen. Richtig so, zwei Bassisten braucht man, besonders wenn der eine (kopflose) Bass so grottenhässlich ist! Bambix ist übrigens auch so eine Band, die mal wieder dringend eingeladen werden sollte. Davon ab, für mich jedenfalls wieder einer der besten Auftritte des Festivals. Gleiches sage ich aber regelmäßig über (wahlweise) Knochenfabrik, Casanovas Schwule Seite oder eben Chefdenker – ohne Claus Lüer Bands geht das nicht. Schön, dass Veranstalter Alex das ähnlich sieht! Anschließend ein weiteres Highlight, die Lokalmatadore! Sänger Fisch ölte sich schon vor dem Auftritt kräftig die Stimme – nein der trinkt doch nichts, der nimmt Sänger-Öl. Gibt´s wirklich, riecht nach Kräutern und ab jetzt wird „Stimme ölen“ für mich nicht mehr nur mit Bier in Verbindung gebracht – wer hätte das gedacht. Ob´s geholfen hat, kann ich musikalisch nicht beurteilen, der Auftritt war aber wie immer sehr souverän und hymnisch wo es hymnisch sein muss. Großartig und schwer zu toppen! Dementsprechend schwer hatte es die Terrorgruppe direkt im Anschluss. Beim sommerlichen Ruhrpott Rodeo war ich schwer begeistert und auch hier ist es ähnlich. Muss ich mir unbedingt auch nochmal in kleinerem Rahmen angucken. Die Songauswahl und die Show, inklusive der Videoprojektion, Pyrozeug und Konfettikanonen war wieder super! Konfetti, hach! 🙂 Letzte bewusst wahrgenommene Band des Abends war dann für mich Knorkator. Vor ein paar Jahren spielten die „Spaß-Metaller“ (ist das richtig, kann man das so sagen?) schon als Vorband der Kassierer in Krefeld. Damals fand ich sie blöd, heute auch. Muss ja nicht alles gefallen. Die Halle war jedenfalls sehr gut gefüllt und die ersten Reihen erschienen mir äußerst textsicher. Von der Antilopen Gang habe ich dann nichts mehr wirklich mitbekommen, und Fliehende Stürme und die Shitlers haben wir uns dann zugunsten des nächsten Tages geknickt. Dafür gab´s auf der Bahnfahrt noch was zu essen und maximal inkompetente Diskussionen über Metal. Schön war´s!

Tag 2

Der nächste Tag beginnt wie jeder zweite Festivaltag und spätestens jetzt freue ich mich über das (längst überfällige) Essen auf der Rückfahrt am Vorabend. Konditionsmäßig hält sich das nämlich alles eher in Grenzen und bereits um 12.30 Uhr mache ich mich in reizender Begleitung auf zur nächsten Runde. Kaum in der Halle angekommen, und wegen einiger Änderungen der Running Order auch schon fast das gesamte Set von Rasender Stillstand verpasst, fällt mir auf, dass die Speicherkarte der Kamera sicher zuhause im Kartenslot schlummert. Mist. Beim darauf folgenden Facebook-Posting, ob denn jemand zufällig noch zum PiP fährt und mir eine Karte leihen könnte, schreibt mir mein Mobilfunk Anbieter, dass mein „Surfvolumen für diesen Monat aufgebraucht“ sei. Fantastisch, die Technik war gegen mich. Dank Auto und einsatzfreudiger Begleitung, fand die Karte eine Stunde später dann zum Glück doch noch den Weg in die Kamera, vielen Dank dafür!! 🙂 Die folgenden No Exit gehören zu den Bands, die es schon ziemlich lange (in diesem Fall seit 1991) gibt, die aber immer völlig an mir vorbei rauschten. Der Auftritt war sicherlich solide, riss mich aber in keiner Weise mit. Vielleicht war dies auch der immer noch recht frühen Tageszeit geschuldet. Ein Mini-Interview mit dem sehr netten Basser gibt´s jedenfalls am 06.01. zu hören. Die nächste Band Total Chaos steckte wohl irgendwo auf einer Autobahn fest und konnte den Auftritt nicht wahrnehmen. Was für ein Glück, nicht weil ich Total Chaos nicht mögen würde (ich kenne ja auch nur zwei Songs), sondern weil als Ersatz Schmeisig die Bühne betraten. Auch diese fallen in die eben erwähnte Kategorie von Bands, die man zwar vom Namen her kennt, aber nie wirklich gehört oder gesehen hat. Zumindest beim Punk im Pott und dem Ruhrpott Rodeo schiebe ich das einfach mal auf die Spielzeiten. Meistens (wie auch heute) machen Schmeisig den Opener (11.30 Uhr). Völlig unmögliche Zeit, besonders am zweiten Tag. Meine Güte, was habe ich da verpasst. Die Akustik-Punk-Cover-Sonstwas Mischung ist ja sowas von genial! Mag auch daran liegen, dass u.a. mit Quadrat im Kreis, eines meiner liebsten WIZO Stücke gecovert wurde, aber was hier abging toppt für mich das Festivaljahr! Sogar die Security im Graben tanzte mit. Mein persönlicher Headliner! Dieses Mal dann auch zum ersten Mal bewusst gesehen und gehört: Fahnenflucht. Seit Jahren hängen mir einige Freunde in den Ohren, Fahnenflucht seien ja so gut … und ja, stimmt. Guter Punkrock, gute Texte, das gefällt durchaus. Anschließend dann COR, die zwar (finde ich) in kleinerem Rahmen besser funktionieren, aber auch hier durch engagierte Ansagen und ordentlich Lärm gut ankamen. Lockerer wurde es dann im Anschluss bei den Abstürzenden Brieftauben, die wieder zu zweit auf der Bühne standen. Hier gab es ja im letzten Jahr einige Diskussionen, ob die Reunion ohne Konrad funktionieren würde. Scheinbar ja, eine erfolgreiche Tour wurde gerade absolviert und auch die Turbinenhalle war letztes wie auch dieses Jahr gut gefüllt mit textsicheren, tanzenden Menschen. Fun-Punk ist und bleibt zwar nicht mein Ding, aber was hier geboten wurde war schon wirklich schön anzusehen/-hören. Ähnliches gilt für Pöbel & Gesocks. Ab einem gewissen Pegel kann man der Band eine außerordentliche Partyeignung inklusive passender Showeinlagen nicht absprechen. Pöbel und Gesocks- Oi Oi Oi funktioniert live einfach super – besonders beim Punk im Pott. Wohl als Kontrast kam dann anschließend Götz Widmann auf die Bühne, es wurde ruhiger und für mich auch etwas belanglos (ja ich weiß – „wie kannst du nur, du hast ja keine Ahnung…“). Stimmt. Fuckin´ Faces kamen als nächste, seit ca. 6 Jahren nicht mehr gesehen, haben Spaß gemacht. Richtig gehaltvoll wurde es dann wieder mit den Kassierern, die den diesjährigen Headliner darstellten, jedenfalls für uns. Gewohnt gute Show, die mich allerdings zugegebenermaßen nicht mehr so fasziniert wie noch vor ein paar Jahren. Zu feiern gab´s übrigens auch was. Die Kassierer wurden vor ein paar Wochen mit dem „goldenen Umberto“ der ProSieben Show Circus Halli Galli ausgezeichnet – für ihr Lebenswerk. Mehr als verdient!

Da Bilder bekanntlich mehr erzählen als tausend Worte, zum Abschluss noch ein bisschen Buntes. Noch mehr und bessere Bilder gibt es auch wieder wie gewohnt beim Punkrock-Sekretär, guckt mal rein!

Bis zum nächsten Jahr und allen einen guten Rutsch! 🙂

 

 

Was verbindet Zwakkelmann und das Konzept eines Livealbums? Beides lebt vom Liveerlebnis, beides hat was mit Bier zu tun, beides ist ein bisschen retro und beides ist ziemlich kultig. Wer ist also prädistenierter als The Man from Hamminkeln und bitte welcher Albumtitel könnte besser zu Zwakkelmanns Livealbum passen als Zwakkelmania (von Zwakkelmann live abgesehen)? Verdammt nochmal, das musste einfach großartig werden.

Schlaffke kannten wir erst seit den Recherchen zu unserem Buch über Punk im Ruhrgebiet, in dem Schlaffke mit Interview und Gastbeitrag zum Punk im Pott vertreten ist) Umso mehr haben wir uns gefreut, dass er uns eingeladen hat, beim Versuch der Produktion eines Livealbums dabei zu sein. Das ganze wurde nicht mit Ghettoblaster, sondern ganz professionell im Tonstudio Keusgen am Niederrhein in Haldern aufgenommen, dessen Macher auch beim Haldern Pop jedes Jahr zeigen, dass sie keine angst davor haben, dass mal ein Bier aufs Parkett kippt. Schlaffke kannte also alle persönlich, die ihm das Bier weggetrunken haben und in sein Mikro stolperten, schwitzten, grölten, ….

Dieser Charme der Familienfeier kommt gut rüber, zum Beispiel in solch wunderbaren Zwischenrufen:

„Schlaffke: Das nächste Lied ist ganz schön schwer.

Ausm Publikum: Ja dann lasset doch sein!“

Für meinen Geschmack hätte das sogar noch präsenter sein können, von mir aus kann sone Liveplatte aber auch nach Schweiß stinken, wenns denn der Authentizität dient. Insofern muss man da sicher irgendwo seine eigene Grenze ziehen. Ansonsten ist das Ganze Teil hervorragend produziert, Instrumente klar zu hören und all der ganze Kladderadatsch. Zu den Songs muss ich ja hier nichts weiter sagen.

Also lieber Schlaffke: Das sitzt, das Mikro wackelt, nur keiner hatte Luft. Mit der Zwakkelmania kommt das Konzept Livealbum wieder zu seinem Recht!

„Wer nix kann, muss aussehen“, sagen Eisenpimmel. „Wer als punkaffiner Mensch keine drei Akkorde kann, nicht bis vier zählen kann oder deshalb bei drei auf den Bäumen war als die Kollegen nen Sänger suchten, der schreibt eben ein Buch“, sagt der Autor dieser Zeilen. So war es bei unserem Machwerk zum Punk im Ruhrgebiet und so war es vermutlich auch beim Maks von RilRec, dessen Jahr 2013 nun als Buch mit dem griffigen Titel „Der mittelgroße RILBFHPA Punkrock Almanach 2013“ erschienen ist. Kenner finden darin gar nix neues, streng genommen sogar weniger als in seinem Onlinefanzine. Das Buch versammelt 102 (!) Konzertreviews des Jahres 2013 (davon 90% im Ruhrgebiet), mit weniger Fotos als im Blog, aber dank Lektorat auch mit weniger Rechtschreibfehlern, was eine sinnvolle redaktionelle Entscheidung ist.

Nun kann man natürlich wieder fragen, wozu das Ganze, wenns das doch alles für umme im Netz gibt, Einfache Antwort: Weil es die Sache wert ist, Maks schreibt eigentlich die einzigen Konzertreviews, die ich überhaupt lese. Der Junge hat nicht nur ne flotte Schreibe, sondern geht inhaltich diesem öden Konzertklimbum auch noch so aus dem Weg, dass man wirklich einen Eindruck bekommt, wie der Abend so war. Das ganze natürlich hochpersönlich und mitunter extrem lustig. Schade nur, dass man selten erfährt, wie ein Konzert endet. Das Ding kommt für nen Zehner in einem stabilen Paperback, massig Text auf 280 Seiten, aufgehübscht mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos. Einziger Nachteil an dem Ding ist eigentlich, dass man sich nachher ein bisschen schämt, dass man im Vergleich viel zu wenig auf Konzerte geht. Aber das lässt sich ja auch ändern.

Also Pflichtkauf für all jene, die immer rumprahlen, dass sie ja nur noch auf Vinyl hören, weil is ja viel echter und so, fühlt sich auch besser an und so. Dann kauft gefälligst auch dieses Buch. So! Achso: Wo? Hier!

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„Wenn dir unsere The Love has gone EP gefallen hat, dann wird dir auch das neue Album gefallen.“ Als wir Marc von 2nd District in der Kneipe vom Bahnhof Langendreer im Rahmen der Buch Recherchen interviewten, kündigte er das neue Album damals so oder irgendwie so ähnlich an.

Ich muss dazu sagen, dass ich großer Fan der don’t mess with the hard punx Scheibe bin und ich die ersten 2nd district Scheiben total gut aber eben doch nicht so genial fand. Auf die zwischen dem letzten und neuen Album erschienene EP stieß ich deshalb auch eher zufällig bei nem Konzert im Druckluft beim Stöbern. 4 Euro, gelbes Vinyl, Download Code waren die Hard facts vor Ort, zu Hause hauten mich dann noch die drei Songs vom Stuhl. Entsprechend groß war also meine Vorfreude auf das neue Album.

Die ersten Akkorde machen direkt Bock auf mehr. Eingängig und progressiv führen sie in den Opener „Broken bits of Lifetime“. Die aufgenommene Fahrt setzt sich nahtlos fort: Mit „The Bourgeois Attidute“ und „The Market Crash“ wirds (wirtschafts-)politisch und nicht zuletzt im Ruhrgebiet und rund um Bochum Langendreer kann man seine Geschichten zu dem Thema Gerechtigkeit in globalen Wirtschaftsfragen erzählen. Mit „The Love has gone“ und „Bad habbit“ sind auch zwei Songs der EP neu aufgenommen enthalten. Der knackige Text zu „Bad Habbit“ taugt dabei allemal als Hymne auf ein Punkerleben („I don’t know what it means to be a dictator, I don’t know what it means to be in a bad mood„), während „The Love has gone“ den unverzichtbaren Teil Glam und Herz in die Sache einbringt. Das durch und durch großartige „Pain Museum“ muss man einfach selbst gehört haben. Insgesamt hat das alles Herz, Verstand und Seele – und über allem wird mit viel musikalischem Schwung die Faust gereckt! Herrlich!

Fazit: Von allen 2nd District-Platten ist What’s inside you die, die mir am meisten Spaß macht. Hier passt eins zum anderen und vor allem zur Band. Gut gemacht Jungs und auf jeden Fall weiter so!

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