Unser Bottroper Gastautor André (im Buch mit einem Beitrag über die Upright Citizens) schwärmte immer schon von der Bottrop-grounded Band Astairre in den allerhöchsten Tönen und womöglich wäre sie auch Thema in unserem Buch über Punk im Ruhrgebiet vertreten, wenn sie nicht zwischenzeitlich nach Köln umgesiedelt wäre und mangels Veröffentlichungen seinerzeit nicht auch unbedingt ein aktuelles Thema waren, was ja nun erklärtermaßen ein gewisses Kriterium für unsere Auswahl war. Umso erfreuter stellten wir fest, dass Astairre eine tolle neue EP am Start haben, André gefragt, wo man seine Bottroper Buddys am besten erreicht, Fragen gestellt und von Schlagzeuger Max Antworten zwischen Grugahalle und Muttis Garten bekommen. Unsere Review zur EP gibts oben drauf unten drunter.
1. Wie bist du zum Punk gekommen?
Max: Das ist ziemlich einfach erzählt: Es war 1995, Grugahalle in Essen, es spielten Die Ärzte als Headliner und WIZO als Vorgruppe. Kurze Zeit später kaufte ich mir die „Herrenhandtasche“ von WIZO und bekam von meinem Stiefbruder ein Tape mit ihren ersten beiden Alben, da war’s um mich geschehen. Die Wildheit, ihre inhaltliche Unangepasstheit und die musikalische Energie, die das transportierte, haben mich direkt angesprochen und fasziniert.
2. Hat das Ruhrgebiet eine bestimmte Bedeutung für dich?
Klar doch! Wenn mein „Heimat“-Begriff irgendwie an einen Raum gebunden ist, dann sicherlich an das Ruhrgebiet. Dort bin ich aufgewachsen, von dort kommen meine ältesten Freunde und auch wir als Band. Die Mentalität und Sprache des Potts liegt uns persönlich nahe: offen, direkt und rau — hart aber herzlich.
3. Verbindet Punk und Ruhrgebiet irgendetwas?
Das Ruhrgebiet hat einige tolle Punkrock-Bands hervor gebracht, wie die Upright Citizens, Pills Angels und So What?!. Oder, um mal ein aktuelles Beispiel zu nennen: die grandiosen Kaput Krauts, mit Ausnahme ihres neuen Bassisten, stammen auch alle aus dem Ruhrpott. Insofern gab es immer, besonders im Dreieck Essen-Bochum-Dortmund, aber auch in anderen, kleineren Städten, wie beispielsweise Oberhausen durch das Druckluft, eine lebendige Szene.
4. Was ist der punkigste Ort im Ruhrgebiet?
Das hängt natürlich jetzt mal wieder sehr von der vielseitig diskutierten Definition von Punk ab; aber wenn man darunter den Ort versteht, wo Punkrock in seiner sozio-kulturellen Form, auch was das Umfeld anbelangt, am meisten stattfindet, dann ist es wohl das AZ Mülheim. Ansonsten die Terrasse meiner Mutter.
Es ist echt irre, also nicht Astairre, sondern wirklich irre: Der Sound von Astairre (nunmehr angesiedelt in Köln) passt wirklich nicht mehr so recht ins Ruhrgebiet. Spielt die Umgebung wirklich so massiv in die Songs hinein oder bilde ich mir das nur ein? Ist das dann eher so Köln-Punk? Jedenfalls ist das ingesamt ein bisschen mehr zum Nachdenken und die Jungs sind auch als Typen sehr viel gepflegter als der gemeine Ruhrpunk. Im Opener „Ich hasse meine Freunde“ knarzt es jedenfalls ordentlich, ich bin nicht gut im Akkorde zählen, aber keine Ahnung, warum der Fö das hier nicht als Punk ansieht. Starker Song! Das gibt aber nicht die Linie für die EP vor, die zum Beispiel in „Cavern Club“ musikalisch auch sehr viel ruhigere Töne anschlägt und über die fünf Songs musikalisch die volle Bandbreite dazwischen ausspielt. Sie verarbeitet inhatlich all das, was einen nachdenklich machen kann, und musikalisch, wie man damit so umgehen kann. Melancholie, Wut und all den feinen Nuancen dazwischen. Mit „Solange wir noch funktionieren“ ist Astairre eine musikalisch sehr schön abwechslungsreiche und inhaltlich nachdenkliche EP gelungen. Dabei klingt die Platte Punk sei Dank nicht überproduziert, so dass auch die ruhigeren Songs eine kernige Proberaumathmospäre ausstrahlen.
Live:
15.7. Bochum Total, Bochum
13.8. Olgas Rock, Oberhausen