Wenn man „Prügel“ bei google eingibt, kommt schon auf Platz 3 die Band „Prügel“ aus Witten. Herzlichen Glückwunsch! Vielmehr aber wegen der Tatsache, dass sie eine Punkband aus Witten sind und weil wir ihr Album „Musik“ gut finden als wegen ihres beeindruckenden Google-Rankings haben wir Prügel gebeten, unsere Fragen zu beantworten. Das ist prompt passiert. Die Antworten von Madame sind aus dem Fragebogen zu den BicahunaS hier rein kopiert.

Wie bist du zum Punk gekommen?

Leimi: Über den 70er Rock´n´Roll hin zu Black Flag, Dead Kennedys, Sex Pistols und den frühen Toten Hosen inner Jugend.

Freddy: Wie die Jungfrau zum Kind! Als Bengel der in den siebziger und achtzigern groß geworden is, war dat nich so schwer. Hab mit neun oder zehn Jahren dat erste mal wat über Punkrock gehört, dat war damals ne Sendung in der se die Pistols vorgestellt haben und mir war sofort klar dat dat die Musik war die ich hören wollte. Mein Bruder hat mir denn die „Never Mind the Bollocks“ geschenkt und so fing dat damals an.

Georg: Reiner Zufall. Eines Abends stand da der Freddy und beklagte sich, dass seiner Band ein Bassist flöten gegangen sei. Ich erwähnte, dass ich einen E-Bass besäße und gern probieren würde, mitzuspielen. Ist jetzt mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahre her.

Madame: Fühlte mich schon immer anders als andere und mit acht Jahren bin ich durch Zufall an die Musik namens Punk geraten und seitdem hat mich der Virus!

Joschi: Eigentlich kam der Punk zu mir – und zwar in Form von einer damals ganz heißen Errungenschaft der Technik – einer CD. An meinem 10. Geburtstag 1996 bekam ich die „Insomniac“ von Green Day geschenkt. Einmal gehört, kamen schnell Social Distortion, aber auch deutsches Zeug wie Toxoplasma, Slime und natürlich damals noch Ärzte wie Hosen dazu. Ich färbte mir dann die Haare und rasierte meine Ohren frei. Also in erster Linie bewegte mich die Musik dazu, Punk zu werden. Ich glaube, auch wenn politische Ansichten und gesellschaftskritische Meinungsbildung natürlich später folgten, ließ mich
wohl die Erfindung der CD und damit das Auseinandersetzen mit alternativer Musik und den dazugehörigen Texten falsch bzw. richtig abbiegen, weil man vorher nur aus dem Radio mit dem Kassettenrecorder aufgenommen hatte.

Hat das Ruhrgebiet eine bestimmte Bedeutung für dich?

Leimi: Dat Ruhrgebiet is mein Zuhause, geliebt und manchmal verflucht. Einmal hier geboren, kann man in die Welt hinaus, aber von hier weg kommt man nicht, dafür hat man hier alles an Wurzeln, wat zum Leben nötig ist.

Freddy: Meine Heimat-meine Liebe! Alter, ich krich ne Gänsehaut bei der Frage. Ich bin hier geboren, und mein Vatta is in dieser Erde begraben.

Georg: Seit ich meine Eltern durch meine erste Straftat 1966 im Sommer aus der CSSR hierhin entführt habe, lebe ich hier. Ist sowas wie „Heimat“. Man kann auch schön in alle Richtungen über Autobahnen weg von hier, wenn man will.

Madame: Der Pott steht für mich für Multikulturelles und für schroffe aber offene Direktheit!

Joschi: Heimat halt. Ohne Stolz. Nur Liebe.

Verbindet Punk und Ruhrgebiet irgendetwas?

Leimi: Vielleicht unter anderem den Gedanken, dass man Zusammenhalt und Identifikation braucht, um seinen Platz zu finden. Darüber hinaus eine Lebensintensität, die man genießen können muss.

Freddy: Dreckich aber ehrlich?

Georg: 1. In der Stadt findet man eher Gleichgesinnte. Ruhrgebiet ist Mega-Stadt ohne echte Grenzen. 2. „Maloche“ gibt´s hier immer weniger. Ist doch kein Wunder, dass Zweifel am System hier guten Nährboden findet.

Joschi: Wenn, dann ist es sicher nicht die Farbvielfalt. Aber ich denke, dass es für einige immer einen Drang nach Abspaltung von der Gesellschaft gibt, wenn in einem Ballungsgebiet wie dem Ruhrpott soviel Industrie, Kultur und Wohlstandsmüll das Leben prägt. Da ist es doch schön, wenn sich eine Gruppe davon absondert und einfach mal „Fickt Euch!“ brüllen kann. Denn eine Gesellschaft wächst an denen, die Sie in Frage stellen…

Was ist der punkigste Ort im Ruhrgebiet?

Leimi: Jeder Ort, an dem konstruktiv geschimpft und Gemeinschaft organisiert wird.

Freddy: Da gibts doch nich nur einen, da fällt mir dat AZ in Mülheim ein, dat Wageni in Langendreer, oder die Kurve in Witten und, und, und…

Georg: Eindeutig Kurve Witten. „Mein“ Garten.

Madame: Der ist eindeutig in meiner Hose.

Joschi: Wo immer ich bin.

Mehr Fragebögen haben wir in der Rubrik „Gesprochen“ gesammelt.

 

Mit dem Out Of Order Fanzine am Duisburger Hbf. Links im Bild Tüte von Onkel Stereo

Doppeldate: Nachdem uns leider Dienstag ein schöner Termin flöten gegangen ist, kehrten wir spontan im schicken neuen Laden Onkel Stereo im Dellviertel Duisburg ein. Wer es noch nicht kennt: Neben allerlei liebenswerten Krimskrams wie Pflastersteinen aus Stoff gibts auch reichlich Punkkram: Einiges feines an Vinyl, das ein oder andere Fanzine wie das Hullabaloo von Tom Tonk und außerdem reichlich Bücher. Feine Sache. Dahinter steht übrigens der Salon Alter Hammer, eine ganz besondere Mischung aus Label und Verlag sowie Pop und Punk, die wir auch im Buch vorstellen wollen.

Danach gings zurück zum Bahnhof, zweites Date mit Thomas und Alex vom Out of Order Fanzine. Mit denen haben wir auf Duisburgs grüner Lunge an der Bahnhofsplatte über Fanzines und Kneipenüberfälle gequatscht. Auch das Out Of Order Fanzine legen wir hier nochmal jedem ans Herz, der auf DIY-Geschichten steht. Die neue Ausgabe ist schon in der Mache.

Ist schon ein paar Tage her: Noch vor dem Termin mit den Dödelhaien, der bereits online steht, haben wir uns mit Micha vom Plastic Bomb in Duisburg getroffen. Seinem Statement, dass es nachher aussah wie in einem Altglascontainer, wollen wir gar nicht mehr viel hinzufügen. Nur zwei Dinge: 1. Wir haben natürlich anschließend brav aufgeräumt und ein Pfandsammler konnte sich auch noch drüber freuen. 2. Auch Micha hat sich unseren vier Standardfragen gestellt. Schöne Antworten gabs, hier sind sie:

Wie bist du zum Punk gekommen?

Das ist eigentlich ganz einfach. Ich hab 1982 eine Platte von den Sex Pistols gehört. Damals hatte ich in einer Musikzeitschrift gelesen, die seien so hart, dass man sich nur eine Seite am Stück anhören könne. Ich hatte damals Hardrock und Glamrock gehört und musste die haben. Und es war tatsächlich so, dass man sie sich nur eine Seite lang anhören konnte, weil dann meine Mutter zum Essen gerufen hatte.

Hat das Ruhrgebiet eine bestimmte Bedeutung für dich?

Es gibt viele schöne Ecken in Deutschland und es gibt überall coole Menschen, aber ich glaube, die Seele des Ruhrgebietsmenschen ganz gut zu verstehen. Ich finde Zugang zu Menschen am Kiosk oder an der Tankstelle und ich weiß, was gemeint ist, wenn die mir etwas sagen. Dann hat man wiederum so Gegenden in Deutschland, wo die Mentalität eine andere ist. Da weiß ich nicht, wie die was meinen bzw. die sind überhaupt verschlossener. Ich muss sagen, dass ich mich im Ruhrgebiet super wohl fühle. Vielleicht ziehe ich auch mal weg, aber ich werde das hier immer verfolgen. Es gibt sogar Punks, die haben zum Beispiel einen schönen Schrebergarten, natürlich nicht so einen spießigen, mit gemessener Graslänge und festem Gemüseanteil. Da ist schon alles etwas verfallener. Da sitzt man dann schön im Sommer mit einem Bierchen unter freiem Himmel direkt neben der Bahnstrecke. Es ist schon prima und irgendwie auch ein Lebensgefühl.

Verbindet Punk und Ruhrgebiet irgendetwas?

Beides kommt eher von unten. Ich persönlich glaube auch, dass Punk und Ruhrgebiet wegen der Mentalität gut zusammen passen, weil die Menschen sehr offen sind und Punk auch eine sehr offene, frei interpretierbare Geschichte ist. Ansonsten ist es aber auch schwierig, solche Dinge zusammen zu bekommen. Punk gibt es so ziemlich überall und Menschen in Thüringen würden auch Gründe finden, warum Punk und Thüringen zusammen passen. Sehr angenehm ist hier, dass die Szene fröhlich, vergleichsweise gewaltarm, nicht so stur und eben offen ist. Wenn du Punks irgendwo triffst, ist das nett. Und wenn du zur Trinkhalle gehst, ist das auch nett.

Was ist der punkigste Ort im Ruhrgebiet?

Das ist immer dort, wo sich Synergien ergeben. Punks raffen sich auf, tun sich zusammen, legen ihre Ideen und Kreativität zusammen, um etwas Neues zu schaffen. Um Undergroundkultur nachhaltig mit Leben zu füllen.

Mehr Interviews haben wir in unserer Rubrik „Gesprochen“ gesammelt.

 

Vor fünf Tagen verschlug es mich (ausnahmsweise mal solo, da Philip Arbeitsstreß an der Backe hatte) bei bestem Sommerwetter wieder einmal nach Duisburg. Diesmal ging es ins beschauliche Rheinhausen-Friemersheim aka Impact Headquarters, wo ich mich mit Dödelhai und „Impact Big-Boss“ Andy traf, um mir die Legende um die Entstehung der Dödelhaie/Impact Records/Mailorder anzuhören. Nach einigem Herumirren durch stilecht mit bepissten Matratzen und sonstigem Sperrmüll zugestellete Vorräume, fand ich schließlich den Eingang in die heiligen Hallen, wurde nett begrüßt und gleich wieder zum Kiosk herausgeleitet, an dem wir uns mit ein paar Kannen Bier eindeckten und uns auf den Weg zum Friemersheimer Baggerloch aka Kruppsee begaben. In einer der zahlreichen kleinen Buchten sprachen wir dann ein paar Stunden über Punk, Ruhrpott, Kuba, Werte, faire Produktion, linksextreme Hassmusik, Trotz, Monty Python, die Wirtschaftskrise und Bier. Volles Programm also und ein wirklich netter Abend! Zurück im Lager konnte ich gerade noch ein paar Schnappschüsse in den verzweigten Hallen Impacts schießen, bevor – Überraschung! – wieder einmal der Akku leer war. Zeit also die Rückfahrt anzutreten. Und während Andy sich den restlichen Abend noch mit Arbeit um die Ohren schlagen musste, zog ich es vor meine Bahn zu verpassen, am örtlichen Bahnhofskiosk noch zwei Köpi und ne Tüte Erdnüsschen zu holen und verspätet, aber dafür vergnügt, in Bochum einzulaufen. Sehr schöner Abend, sehr gutes Interview – Friemersheim rules!