„Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder“, so verkündet es das Plakat zum „Strukturwandel-Festival“: Die „heilige“ Dreifaltigkeit des Ruhrpottprollpunk, bestehend aus Eisenpimmel, den Lokalmatadoren und den Kassierern auf einer Bühne. Ausgerechnet in Oschatz irgendwo hinter Leipzig fand dieses Großereignis am 10.3. statt. Für Leute ausm Pott gabs insgesamt drei Busse: ein gelber für die Bands und zwei weitere für den gemeinen Pöbel. Wer es wirklich ernst meinte, griff zum VIP-Ticket und durfte im Bus der Band mitfahren, der natürlich stets voran fuhr. Gerüchteweise haben sich tatsächlich auch vier Leute zu der 40 Euro teureren Variante hinreißen lassen.
Von Duisburg nach Oschatz
Wir kamen so gegen 9 Uhr in Duisburg an, wo wir mit 5-6 weiteren Mitstreitern auf die Busse und die restlichen Verrückten warteten. Nach dem zweiten Bier trafen dann auch nach und nach die Bands sowie die Busse ein, so dass es gegen 10 Uhr dann endlich losgehen konnte. Von Duisburg ging es dann nach Essen, wo die restlichen Bandmitglieder und weitere Mitfahrer eingesammelt wurden – auch die erste Pinkelmöglichkeit, stilecht an der A40, wurde genutzt. Weiter ging es dann mit Tempo 100 über holprige Autobahnen und Bundestrassen bis hinter Dortmund und spätestens hier wurde jede Bodenwelle für die Blasenschwachen zur Tortur. Die ersten zaghaften Versuche in irgendwelche Becher oder Flaschen zu pinkeln wurden allerdings schnell wieder aufgegeben, als der Bus endlich – nach gefühlten 14 Stunden – den heiß ersehnten Rastplatz gegen 11 Uhr anfuhr. Bereits hier kamen erste Zweifel auf, ob bei dieser Pinkelfrequenz das immerhin gut 500km entfernte Ziel noch in dieser Woche zu erreichen sein würde. Außerdem erfahren wir aus erster Hand, dass die Stimmung im VIP-Bus wohl noch nicht so am Kochen ist. Zudem gab’s wohl eine nette kleine Ansprache von Wölfi. In unserem Bus kreisten jedenfalls nach dieser ersten Pause neben Bier auch die Schnapsflaschen, was auch den Pinkeldrang zumindest ein bisschen linderte. Spätestens beim zweiten Stop der Fahrt mauserte sich dann auch der heimliche Star der Tour heraus: dieser nette Bochumer Lokalpolitiker der CDU zur Linken dürfte jetzt wohl auf jedem zweiten Rastplatz zwischen Ruhrpott und Oschatz zu sehen sein – und die ganze Werbung gibts umsonst liebe Christdemokraten!
Angekommen in Oschatz
Viele Bier und einige Schnäpse später, erreichten wir mit zweistündiger Verspätung gegen 19 Uhr endlich das Ziel der Reise und wurden direkt vor dem E-Werk in Oschatz abgesetzt, wo schon eine beachtliche Menge an Leuten aus allen Teilen Deutschlands versammelt war. (Diese zwei Stunden sollten zu späterer Stunde noch Bedeutung erlangen – dazu weiter unten mehr.) Persönlich haben wir einen ganzen Haufen Münchner, die ihren Weg per Bahn mit 3-4 Zugwechseln nach Oschatz gefunden haben, einige Berliner und einige Hamburger getroffen. Sogar ein weltberühmter Ami hat den Weg in die ostdeutsche Provinz gefunden. Ob Flash auf seinem weiten Weg auch so viele Pinkelpausen gemacht hat? Wer weiß, betrunken genug war er jedenfalls und dabei auch stets an gefühlten 10 Orten gleichzeitig – Flash Gordon eben! Links sehen wir ihn mal bei Eisenpimmel auf der Bühne.
Eisenpimmel gewannen übrigens noch vor ihrem Gig Sympathiepünktchen – Shirts sowie die neu aufgelegen Picture LPs – alles für nen Zehner zu haben – so gehört dat! Schön auch, dass sich die Getränkepreise im Rahmen hielten (2,50 für 0,4 Liter Bier) und wer das nicht mehr runter kriegte, bekam die gleiche Menge Gin Tonic für 3,50. Wer gar kein Geld hatte, sammelte einfach die zahlreichen Becher vom Boden auf, die (alle mit nem Euro Pfand) zur eigenen Währung wurden. „Drei Bier und einen Gin Tonic“ Nach 2 Minuten Rechnerei: „Macht 5,50“ YEAH! Aber auch ganz ohne Geld und Becher kam man ganz gut zurecht. So gabs von einem äußerst netten Oschatzer (an dieser Stelle nen schönen Gruß an dich!) mit dem Hinweis „Hier, mein Solibeitrag“ nen frisch gezapften Becher Pils in die Hand – da sagt man nicht nein, und das Shirt mit Förderturm-Aufdruck wird beim nächsten Besuch im wilden Osten sicher wieder mitgenommen, um noch mehr Soli abzukassieren.
Bands haben auch gespielt
Drei Konzerte gabs freilich auch, aber wir versuchen gar nicht erst dieses Tollhaus in große Worte zu fassen. Schon bei Eisenpimmel versank die Halle in einem Meer aus Bier und einem Berg von Menschen. Uns hat ein selten ein Konzert schlichtweg soviel Spaß gemacht. Sogar ne Polonäse macht ausserhalb spiessiger Karnevalsveranstaltungen Spaß! Eisenpimmel haben übrigens wohl doch mehr gespielt als nur die Hits von der „Sexmaschinen tanken super“ und „Füße hoch, Fernsehen an, Arschlecken“ (Playlist). Nur erinnern können wir uns nicht mehr sooo gut.
Nachdem Eisenpimmel also gut eingeheizt hatten, konnten die Lokalmatadore die Stimmung natürlich hervorragend aufnehmen. Dieses Foto vom Spiller spricht für sich.
Die Kassierer machten den Höhepunkt des Abends, verzichteten aber leider auf die bekannte Nummer mit Handschuh. Dafür gabs mal dieses Schauspiel. Zum Ende tanzte dann leider nur Eisenpimmel-Bärbel noch kurz mitm Wölfi. Da hätte man sich doch zur Feier des Tages ein gemeinsames Ständchen aller drei Bands gewünscht.
Um halb zwei war dann auch Schluss. Wir verzogen uns vor die Tür um frische Luft zu schnappen und die 1,5 Stunden auf den Bus zu warten. In meinem alkoholgetränkten Hirn verwechselte ich gegen 3 Uhr einen Bus nach Finsterwalde mit unserem, rannte noch hinterher und wurde von nem netten Punk in den Bus gezogen nur um festzustellen, dass weder der Bus, noch irgendeine Person in selbigem auch nur annähernd Ähnlichkeit mit dem der Hinfahrt aufwies. Nach vier Metern Fahrt sprang ich dann – sehr zum Amüsement aller Anwesenden – wieder raus. Nun gut, unser Bus musste ja nun auch bald mal kommen – dachten wir zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch. Doch der Schuss in den Ofen kam natürlich noch: Durch die verspätete Ankunft fuhr der Bus statt um drei erst gegen fünf. Das erfuhren wir gegen halb vier vom schlafenden Busfahrer nach so 2,5 Stunden in der Kälte. Wir müssen dazu sagen, dass wir so ziemlich die einzigen Blöden waren, die davon nix mitbekommen hatten. Die meisten anderen schliefen derweil entspannt auf der Bühne. Wie auch immer: nach der Info, dass die Busse erst um 4 Uhr ihre Pforten öffnen würden, konnten wir uns immerhin nochmal ein halbes Stündchen in eine Kneipe verkrümeln, und bei der Gelegenheit auch gleich mal Oschatz bei Nacht inspizieren. Da kommt man nicht oft zu!
Gegen fünf gings dann endlich zurück. Der Enthusiasmus im Bus hatte mittlerweile deutlich nachgelassen und auch bei den Pinkelpausen drängelte niemand mehr zur Bustür. Es wurde geschlafen, müde gelabert oder auch mal ein Wasser getrunken. Nach einer Stunde Fahrt will auch bei uns das Bier nicht mehr so Recht, und der für diesen Fall vorgesehene Gin Tonic ging auch nur noch mit größtem Widerwillen die Speiseröhre runner. Den Rest der Fahrt begingen wir also mit schlafen und gelegentlichem gegenseitigen ans Bein Furzen.
Back im Pott
Um 12 Uhr strandeten wir wieder in Essen – für diese Tour in einem erstaunlich guten Zustand, sogar die gekaufte LP hats überlebt. Eine kurze Verabschiedung und alle stiegen in ihre Züge Richtung Heimat.
Was bleibt? Eine sicher einzigartige Asitour, die wir in genau dieser Konstellation gerne noch mal buchen würden!! Ein großes „Danke und Prost“ also auch von uns an alle Mitfahrer, die Organisatoren, die Bands und natürlich auch die Leute vom E-Werk vor Ort in Oschatz – war ne rundum geile Sache! Hoffen wir also mal, dass es vielleicht doch nochmal wieder kommt.
Für uns bleibt nur noch eins zu sagen: OOOOOOOOOOOOOHOOOOHOOOOO Prollmops – und das auf Repeat!
Anm.: Dummerweise ist nach Eisenpimmel die Kamera runtergefallen – Objektivschaden. Die Bilder im Anhang gehen im Großen und Ganzen also nur bis zu den Lokalmatadoren. Naja, bisschen Schwund ist immer!