Ist der Schlaffke eigentlich so eine Art Urtyp des idealen Menschen? Lebend im Einklang mit der Hamminkelner Natur, höflich, beruflich ordentlich ausgebildet und mit Schließmuskel und als Zwakkelmann ja auch in der Kunst bewandert. Und nun ist er mit dem Buch „Shitsingle“ auch noch Autor und kann er sich wohl deshalb nun erlauben, unter dem bürgerlichen Namen Reinhard Wolff zu veröffentlichen?

Als großer Freund des einfachen Wortspiels bin ich erstmal Fan des Titels (ja, auf dem Buchrücken ist das erste S sogar anders eingefärbt, um das Wortspiel zu betonen!), denn „Shitsingle“ ist eine Art Biografie Schlaffkes äh Zwakkelmanns, pardon Reinard Wolffs, die sich um Privates (wie das Single- oder eben nicht Singledasein) und das Leben als Musiker und Künstler dreht.

Wer sich auch nur ein bisschen im Umfeld von Schlaffke bewegt, wird einige Orte und Personen wieder erkennen, auch wenn diese in der Regel leicht anonymisiert wurden. Vieles ist lustig, einiges hat einen eher nachdenklichen Ton, kurz vor Ende des Buches wird es plötzlich ernst, finster, traurig.

In die Geschichten sind oft Zwakkelmannsche Songtexte eingebunden, so dass sich Buch und Songs gegenseitig Authentizität verleihen. Dabei ist das Ganze keine Künstlerbiografie im eigentlichen Sinne, sondern es sind „Anekdoten eines Vollidioten“, wie es so schön im Untertitel ist. Buch und Autor nehmen sich also angenehm unwichtig und alles hat diese wunderbar heimelige Aura, wie man eine Zwakkelmann Platte hört. Auch wenn die erzählten Geschichten episodisch sind, fügen sie sich irgendwo zu einem Gesamtbild zusammen, so dass man auch viel Neues etwa aus der Zeit von Schließmuskel erfährt oder dass Schlaffke sympathischerweise den schwäbischen Dialekt befremdlich findet.

Das Buch kommt in schöner, wertiger Aufmachung – gebunden und mit Lesebändchen. Es ist wunderbar!

Reinhard Wolff: Shitsingle. Anekdoten eines Vollidioten, Hirnkost 2021, 248 Seiten, ISBN: 978-3-948675-21-9, 18€

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Mit „Lärm der Nacht – Post-Punk im Westen“ werfen Peter Hartinger (bka Jan Cux) und Armin Wonner einen Blick in die Zeit der Entstehung und Ausdifferenzierung von Punk in den 80ern. Post-Punk scheint mir hier all das zu umfassen, was sich in irgendeiner Weise auf Punkideen beruft, aber dabei noch sein eigenes Ding macht und ein bisschen aus dem Rahmen fällt. Das Buch enthält einige Texte aus dem Schweinepest Fanzine, das die beiden seiner Zeit herausgaben, viele alte Fotos, die die beiden damals mit einfachem Equipment auf unzähligen Gigs geschossen hatten und ein paar für das Buch angefertigte Beiträge. Der regionale Schwerpunkt ist Düsseldorf und das Ruhrgebiet. Und so kommt in dem Buch eine bunte Mischung aus den Toten Hosen, Philipp Boa, Family 5, den Neubauten, Tom Liwa, den Ärzten aber auch viel Wave und Indie aus England vor. Von Clox und Vorgruppe aus dem Ruhrgebiet gibt es tolle Konzertfotos, außerdem kommen immer wieder Locations aus dem Ruhrgebiet in den Berichten vor, zum Beispiel das JZE oder die Pappschachtel.

Ein aktuelles Interview zeichnet die Geschichte vom Zentrum Altenberg nach, so dass man nicht nur reichlich wehmütig auf die herrlich unhygienischen Zustände in den frühen 80er zurück blicken kann, sondern auch noch einiges Neues erfährt. Sehr charmant ist ein Gastbeitrag von Tom Liwa, der aufgefordert ist über seinen Auftritt beim Garageland Showcase zu schreiben und erst einmal seine Erinnerungen an Kotze und Joints sortieren muss, um sich dann zu erinnern, dass es das Konzert war, bei dem er mit Münzen beschmissen wurde, weil er mit einer Akustikgitarre auftrat. Daneben steht ein Ausschnitt aus dem damalig verfassten Konzertbericht, in dem die Herausgeber des Buches wiederum bereits die Großartigkeit Tom Liwas erkannten. Das spricht für sie und mit diesem Buch erlauben sie einen liebevollen und stimmungsvollen Einblick in die frühen 80er. Die Zusammenstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Relevanz. Enthalten ist, was vorliegt und gefällt. Wie ein Fanzine in Gebunden.

Hartinger/Wonner: Lärm der Nacht – Post-Punk im Westen, Geldern 2021

Beim Punk im Pott 2013 fiel eine Entscheidung, nämlich dass es eine Biografie der Abtürzenden Brieftauben geben müsse und dass man dies am besten selbst machen müsse. Diese Entscheidung traf seiner Zeit René Schiering, der diese Biografie nach fast acht Jahren im hauseigenen Verlag der Band veröffentlicht hat. René war damals zu Beginn unserer Recherchen einer unserer ersten Ansprechpartner, weil er damals mit Rockwohl Degowski eine Platte veröffentlicht hatte und mehr oder weniger parallel mit „Ruhrpott Köter“ einen lässigen Ruhrpott-Roman noch dazu. Die Brieftauben Bio „Heute doof und morgen doof und übermorgen wieder. Die Geschichte der Abstürzenden Brieftauben“ thematisiert natürlich viel Hannover, aber natürlich werden immer wieder Querverbindungen ins Ruhrgebiet beschrieben. Besonders schön ist die Hingabe und Detailverliebtheit, mit der René die Geschichte der Band nachzeichnet. Philip hat mit ihm über Band, Buch und Bürgerliche gesprochen.

Wie ist es zu der Idee gekommen?

Ich wollte gern eine Künstlerbiografie machen und dann aber über eine Band, die mir etwas bedeutet. Die Brieftauben waren in meinen Teenager Jahren meine absolute Lieblingsband. Ich bin im Sommer 88 mit elf Jahren über meine große Schwester auf die Brieftauben gestoßen. Ich hab sie dann 2013 beim Punk im Pott erstmals live gesehen und so nahm es dann 2014 dann Fahrt auf.

Was hat dich als Teenager an den Brieftauben fasziniert?

Mich hat fasziniert, dass sie zu zweit waren und dass es zwei Kumpel waren, die ganz unkompliziert zusammen Musik gemacht haben. Das klingt ja auch nicht so, als ob das total aufwändig wäre. Ich hatte mir dann auch direkt ein paar Freunde dazugeholt und zum Beispiel mit einem Spielzeugschlagzeug Musik gemacht. Die Toten Hosen waren ja im Gegensatz immer eher eine Gang. So viele Freunde hatte ich in Gladbeck ja gar nicht, um mit denen mitzuhalten. Und das andere ist auch der Look, zum Beispiel wie bei Micro die blauen Haare ins Gesicht fielen.

Hat dich in Gladbeck damals nichts fasziniert?

Nein, nicht wirklich. Klar hat man später auch mal Bands kennen gelernt, als man dann auf Konzerte gehen durfte, aber mehr war da nicht.

Wie ist die Band mit deiner Anfrage umgegangen?

Ich hab die Band unkompliziert bei Facebook angeschrieben. Damals betreute Oli die Facebook Seite und ich hatte innerhalb von 20 Minuten die Antwort, dass er Bock hätte und er Micro gefragt hätte, der auch Bock hätte. Ich bin dann auch recht schnell nach Hannover gefahren und hab dann auch gemerkt, dass erst mal geguckt wurde, was ich für einer bin. Aber zum Glück mochte er mich, so dass wir sehr schnell die ersten Interviews gemacht haben. Darüber habe ich viele Details erfahren und es streute dann so heraus, so dass ich am Ende ca. 30 Interviews geführt habe.

Du beschreibst unglaublich viele Details. Hast du dich nochmal wie der kleine Teenager gefühlt, der seine Idole trifft oder warst du schon der professionelle Journalist?

Das erste ganz sicherlich auch. Ich hatte schon so was wie Herzrasen, als ich zum ersten mal in Micros Tür stand. Aber ich bin ja auf der anderen Seite auch Wissenschaftler, weil ich auch diese Lust habe, mich in diese Details hinein zu begeben.

Wie stehst du zum Begriff von Funkpunk, mal abgesehen von der Feststellung, dass einige Bands lustiger sind als andere.

Ich hab da nicht so das Problem, ein Subgenre zu erkennen. Dieses Phänomen wurde in Deutschland zwischen 88 und 93 ein richtiges Branding. Schließmuskel hatten da bestimmt Probleme mit, weil sie ja viel mehr sind, auch wenn sie mit den Brieftauben und Mimmis getourt sind. Ich würde das Phänomen aber trotzdem nicht negativ verstehen. Ich stimme insofern mit dir überein, dass diese Bands in der Grundhaltung nichts von anderen Bands unterscheidet, sondern dass sie mit Humor oder vielleicht Sarkasmus Stilmittel benutzen, um vielleicht Ähnliches auszudrücken. Schließmuskel sind ja fast schon intellektuell mit so wunderbaren Albumtiteln wie „Sehet, welch ein Untergang!“.

Du bist ja mit einer gewissen Perspektive darein gegangen, weil du dich ja schon als Kind und Teenager mit Band und Musik beschäftigt hast. Hat dich nach deinen Recherchen irgendetwas wirklich überrascht?

Wir war gar nicht so bewusst, dass unter diesen Leuten ja viele Abiturienten oder abgebrochene Studenten sind. Aber natürlich braucht es auch einen gewissen Background, um zum Beispiel mal eine Platte zu pressen. Dass Konrads Eltern zum Beispiel einen Kabarett- und Bühnen-Hintergrund haben, wusste ich zum Beispiel nicht, hat aber rückblickend viele Fragen beantwortet. Da war ich jedenfalls überrascht, wie weit das von dem Milieu entfernt ist, in dem ich aufgewachsen sind. Der 13-jährige in mir hätte sich das vielleicht anders gewünscht, weil man natürlich hoffte, dass man aus dem selben Holz geschnitzt ist.

Wie ist es nun zur Veröffentlichung gekommen?

Das Buch ist eigentlich seit 2018 fertig. Vorher gab es Gespräche mit Verlagen oder auch einem Literaturagenten, der sich darum kümmern wollte. Das hat aber letztlich alles nicht geklappt. Und dann kam die Idee auf, es mit der Band zu machen, weil das Management eine eigene Produktionsfirma hat. Und damit wurde es eines von vielen Projekten der Band, in die sich die Buchveröffentlichung dann so einreihte. Corona war dann sicherlich der richtige Zeitpunkt, das zu bringen, weil die Leute zum Beispiel nicht auf Konzerte können und die Band selbst ja auch nicht tourt.

Und bist zu zufrieden mit der Situation es nun mit der Band selbst veröffentlicht zu haben?

Ja total, das Buch hat ja auch eine ISBN Nummer und alles. Mir war es ab einem gewissen Punkt auch wichtig, dass die Band da mit drinnen ist. Das macht es auch gewichtiger, wenn ich weiß, dass die Band einverstanden ist. Und auch die Band soll ja was davon haben, also auch Geld und Prozente. Außerdem kann man das Buch direkt an die Fans verkaufen und man muss sich weniger mit Großhändlern und ähnlichem herum schlagen. Ich finde, das ist die angemessene Art, das zu veröffentlichen.

Schiering, René: Heute doof und morgen doof und übermorgen wieder Die Geschichte der Abstürzenden Brieftauben, 2021, ISBN 978-3-946519-01-0 236 Seiten plus CD

Erhältlich über den Buchhandel oder über den Verlag: https://www.robido.de/allgemein/heute-doof-und-morgen-doof-und-uebermorgen-wieder-von-rene-schiering/

Hier Teil 1 des Nachberichts zum Ruhrpott Rodeo 2017, Teil 2 folgt mit musikalischer und Interviewtechnischer Untermalung am 01.08. ab 19.00 Uhr auf Punkrockers-Radio! Mit dabei: Die Lokalmatadore, Terrorgruppe, Zwakkelmann, Rummelsnuff und die Kassierer. Außerdem gibt´s ein bislang ungesendetes Interview mit Charlie Harper von den UK Subs und einige Mini- Interviews vom letzten Punk im Pott – einschalten lohnt!

Da ist sie wieder, die Vorfreude auf mein Lieblings-Sommer-Festival. Wenn sich auch sonst so einiges ändert, die Vorfreude auf langjährige Begleiter wie Knochenfabrik ,Bad Religion, Slime oder die Lokalmatadore bleibt. Ebenso die Vorfreude auf Sonne, Wiese und Bier. Neu war diesmal die Freude über ein Flipperzelt, welches mit Klassikern wie Terminator 2, Jurassic Park und anderen aufwartete. Ein Spiel geschmeidige 50 Cent – super! Die gleichsam bescheuerte wie unvermeidbare Frage danach, ob dies noch Punkrock sei, wird hier eindeutig mit „Ist mir doch völlig egal“ beantwortet.Ich find´s klasse. Bitte beibehalten! IMG_1039Aber der Reihe nach:

Freitag 19.00 Uhr. Nach Ankunft erstmal Wertmarken. Flüssigkeitszufuhr muss sichergestellt sein. Erste Band spielte auch schon, Zwakkelmann mit Iro und Orchesteruntermalung. Gut, Headliner gesehen, könnte man ja eigentlich wieder gehen, sind wir aber nicht. In den letzten Zwakkelmann Song grätschten dann auch schon ZSK hinein. Routinierte Show mit Sitzpogo und Rauchbomben. Danach dann DOA – super!  Kanadas erste Punkband rockt mit drei betagten Herren ordentlich und zeigt, dass guter Punkrock immer noch wenig mehr braucht, als Gitarre, Bass und Schlagzeug – ne rotzige Stimme natürlich noch, perfekt besetzt mit Joey Shithead. Danach eine kurze Pause, im Backstage einige spontane Interviews machen, aka Blödsinn auf Band bannen, und dabei Ignite verpassen.IMG_1047 Da ich persönlich nur ein Album kenne und schätze war das aber nicht ganz so schlimm. Das, was an Sound herüber schwappte war auf jeden Fall ordentlich. Rantanplan wurde ebenso souverän verpasst, bevor dann die Kassierer die Bühne bekrochen. Für mich ein eher enttäuschender Auftritt der mächtigen Band aus Wattenscheid. Dies lag besonders an Sänger Wölfi, der auf mich lustloser denn je wirkte. Dies kann allerdings auch gut am lädierten Bein gelegen haben, mit Krücken, beziehungsweise beinahe permanent sitzend auf der Bühne ist sicher kein Spaß, allein dafür schon mal Respekt! Der Stimmung im Publikum tat es darüber hinaus keinen Abbruch, also alles in allem – solide.IMG_1084 Swiss und die Andern wurden zur Bier- und besonders zur Flipperpause genutzt, um dann mit dem Herrn Doktor und Vasallen, Bad Religion, den Headliner des Abends zu feiern. Diesmal wieder super, alle Hits dabei, inklusive Ohrwurm bis zum nächsten Tag – klasse! Danach dann schnelle Rückfahrt mit zuvor spannender Autosuche in Reihe 10. Oder war es 11? Die 15 minütige Diskussion um den Parkplatz war jedenfalls super! 🙂

IMG_1139Der zweite Tag begann dann musikalisch mit den letzten 2,3 Songs von Yellow Cap, was zumindest meiner Toleranz von Ska Songs am Stück sehr entgegen kommt. Für die Dauer von drei Songs ist sowas wirklich gut. In eine komplett andere Richtung gingen dann Rawside die ordentlichen Hardcore-Punk zum Besten gaben. Besonders der Drummer (wenn ich mich nicht irre der Spross des Sängers?!) beherrscht sein Handwerk außerordentlich gut und selbst der doch recht  häufige Einsatz von Doublebass passt hier sehr gut. Reno Divorce regten im Anschluss eher zu Diskussionen rund um die Überschätzheit von Social Distortion und die relative Belanglosigkeit von Motörhead an. Ja, du liest richtig. Ist halt so. Live ganz nett, aber nichts was ich mir sonst anhören würde. Ähnlich verhielt es sich mit den Fleshtones die wir uns auf besonderes, geradezu begeistertes Anraten von Fisch (Lokalmatadore) anguckten. Tatsächlich war das live schon cool. Augenscheinlich alle 60+, sehr agil, solider 60s Garage-Rock-whatever und dann auch noch mit Mundharmonika, ein viel zu lang beinahe in Vergessenheit geratenes Instrument! Hatte schon was, jedenfalls live. IMG_1353Danach dann Fehlfarben, vorher nie gehört, nachher vermutlich auch nicht. Einfach nicht meins, aber hätten nicht 500 Leute ihre Smartphones in die Luft gehalten, hätte man sich fast wie in den 80ern fühlen können. Danach die für mich überraschendste Band des Festivals – Rummelsnuff. Schon abgefahren, muss ich nochmal rein hören oder besser nochmal irgendwo live sehen, ich bin mir nämlich nicht sicher was das eigentlich war. Ein bisschen Gequatsche mit Maat Asbach gibt´s am 01.08. dann ab 19 Uhr bei Punkrockers Radio zu hören. Den Anschluss machten dann die Bouncing Souls und Venerea, beides nicht lange gesehen, nur mal kurz reingehört und Fotos gemacht.IMG_1406 Wohlbekannte Klänge läuteten dann das das finale Triumvirat aus Slime, Lokalmatadoren und Cock Sparrer ein. Slime haben mir live beim letzten Mal nicht mehr so gut gefallen wie noch vor einigen Jahren, was wohl an den relativ vielen neuen Songs lag. Mittlerweile kenne und schätze ich diese aber durchaus, so dass diesmal wieder alles gepasst hat. Alle wichtigen Songs dabei, einige neue(re) Sachen dazu – gut wars! Danach die Lokalmatadore, zu denen ich einst schrieb „[…] die Lokalmatadore rocken mehr!“ und das trifft es auch immer noch sehr gut. Mittlerweile meine Lieblinge der oft beschworenen „Heiligen Dreifaltigkeit des Ruhrpott-Punk“, die gehen echt immer! Das Publikum schien gleicher Meinung zu sein. Die gnadenlose Uhr machte dem hitzigen Treiben auf und vor der Bühne dann allerdings ein abruptes Ende. Die „Viva Lokalmatadooor“ Chöre rissen allerdings nicht ab und selbst nach den ersten Cock Sparrer Songs fanden sich noch einige Fans vor der Bühne ein und kuschelten mit Sänger Fisch.IMG_1513 Cock Sparrer gaben dann den Abschluss und auch hier kann ich mich nur wiederholen, unglaublich was die Herren auf der Bühne abliefern. Fand ich 2009 schon überraschend gut und auch diesmal stimmte für mich alles – würdiger Headliner. Der anfangs erträgliche Regen hatte sich derweil in Sturzbäche verwandelt, so dass wir nach dem Konzert entsprechend schnell den Rückweg antraten. Für mich war es dann auch schon wieder vorbei mit Festival, Sonntag konnte ich leider nicht hin. Der zweite Teil unserer Reisegruppe verdrückte am dritten Tag dann noch einige Softdrinks zu Samiam, Snuff, Terrorgruppe, Irie Revoltés und Peter And The Test Tube Babies. Auch ein höchst professionelles Interview mit der Terrorgruppe ist dabei rausgesprungen und auch das gibt es, wie schon gesagt, am 01.08. bei Punkrockers Radio zu hören!

Kommen wir zum Abschluss zu den diesjährigen Gewinnern:

1. Eine äußerst nette Reisegruppe und Festivalbegleitung, 2. Bad Religion als Headlinder, 3. das neue Flipperzelt als Zeitvertreib und günstige Zeitreise in Kindertage und 4. die neue Aufteilung des Infield. Irgendwie gemütlicher, kleiner und kommunikativer als bisher, sehr schön! Lobend zu erwähnen ist auch die neue Lösung des Soundchecks der Hauptbühne. Diesmal ist mir nur einmal aufgefallen, dass die große Bühne bereits bespielt wurde bevor die Band auf der kleineren Bühne fertig war. Super Sache!

Danke wie immer an Alex, die wiedermal tanzende Security und alle weiteren HelferInnen, HändlerInnen und FreßbudenmacherInnen! Auf bald!IMG_1375

26. Mai 2017 · Kommentieren · Kategorien: Gehört

Paranoya-270x270Woran erkennt man eine Band, die es ernst meint? Daran, dass sie auch im Jahr 2017 noch tapfer ihre Myspace-Seite pflegt. So ist es bei Paranoya aus Hamm, womit wir nebenbei auch herausgefunden hätten, dass Myspace noch gar nicht abgeschaltet wurde und deutlich schneller lädt als anno 2000 oder wann das gerade angesagt war. Zudem betreiben sie weder Instagram noch Snapchat, das ist auch noch Haltung!

Nun denn: Von Paranoya gibt es nach dem gelungenen Fragmente-Album eine neue 7‘, zwei Songs, einer A, einer B, das Ding gibt es nämlich physisch nur auf Vinyl. Aufgenommen wurden die Songs aber schon 2014, sind also vermutlich während der Fragmente Aufnahmen mit entstanden und werden nun nachgeschoben.

Textlich ist alles beim Alten: Politisches und Gesellschaftskritisches wird auf der persönlichen Ebene verhandelt. In „Dämonen“ geht es darum, dass etwas in einem selbst über einen selbst Besitz erlangt. Wären es nicht „meine Dämonen“ könnte man dem auch eine gesellschaftliche Interpretation abringen, bei allem, was neuerdings gesellschaftlich wieder aus den Löchern gekrochen kommt. Aber das sind sicher nicht unsere Dämonen. In „End//lich“ ist das Gesellschaftliche dann wieder stärker Thema: Gefühle, Wünsche, Ziele, wird alles kaum entwickelt bevor man ganz schnell gar nicht mehr ist.

Musikalisch hat sich wiederum sehr viel getan: Paranoyas Grundstil ist ja so eine Art Deutsch-Punk mit so einer Metal-Härte. In diesen beiden Tracks gehen sie mal ganz andere Wege, Dämonen groovt düster und ein bisschen bedrohlich vor sich hin, was insgesamt gut zum Text passt. Das textlich ja auch nicht gerade fröhliche „End//lich“ hat einen wie ich finde ganz lustigen Gitarren-Sound, wodurch alles auch irgendwie gar nicht mehr so schlimm klingt. Muss ich beim Gesang manchmal an die frühen Blumfeld denken? Um es heraus zu finden, müsste ich mal wieder die frühen Blumfeld hören, aber das möchte ich nicht. Deshalb zurück zu Paranoya:

Ich mag es ja überhaupt nicht, wenn eine Band sich immer „weiter entwickelt“ haben muss, nur weil sie mal anders klingt: Ich mag die beiden Tracks jedenfalls, weil sie den klassischen Paranoya-Sound ordentlich auffrischen.

https://myspace.com/paranoyahamm

ueberfluessigJoscha (aus Herne) und Makke (aus Haltern) sind Überflüssig. Über Joschas Label Röhlinghausen Records vertreiben Sie nicht nur die eigenen Platten, sondern immer mal wieder auch nette Vinyl-Sampler. Wir haben der (mit anderen) kleinsten Band der Welt unsere vier Fragen gestellt.

1. Wie bist du zum Punk gekommen?

JOSCHA : 1988 (im zarten Alter von 10 Jahren) hörte ich auf einer Gartenparty Songs aus den Alben „Nach uns die Sintflut“ (Die Ärzte), „Bis zum bitteren Ende“ (Die Toten Hosen) und auch aus dem „Kiss“-Alive II Album. Ab da ging dann mein Musikgeschmack in die Gitarren und Krachrichtung. 1989 kam ich dann (durch die Bravo) zu den ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN. Mit denen dann zu Slime, Goldene Zitronen u.s.w.

MAKKE : Mein Bruder war schon immer großer Ärzte Fan und hat mich damit angesteckt. Mir gefiel die Musik super. Ich habe mir viele andere Bands angehört und bekam immer mehr Lust Punkrock nicht nur zu hören sondern selbst mit zu trommeln.

2. Hat das Ruhrgebiet eine bestimmte Bedeutung für dich?

JOSCHA : Zum einen bin ich in Herne geboren und lebe aktuell noch hier. Zum anderen gibt es hier immernoch sehr viele grüne Flächen und ist auch Naturnah und hat immer eine Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag. Die Cranger Kirmes im Sommer ist natürlich auch ein Highlight.

MAKKE : Ich bin am Rande des Ruhrgebiets aufgewachsen und verbinde damit meine Heimat.

3. Verbindet Punk und Ruhrgebiet irgendetwas?

JOSCHA : Ja, denn sehr viele Bands aus dem Punk,New-Wave und Metal Bereich kommen von hier. Die Kassierer (Bochum),Extrabreit (Hagen),The Idiots (Dortmund),Schliessmuskeln (Harminkeln),Kreator (Essen/Gelsenkirchen),Lokalmatadore (Mülheim an der Ruhr). Ausserdem gibt es hier sehr viele coole Läden für kleine bis mittlere Konzerte ; Rattenloch (Schwerte) , FZW (Dortmund) Juz Heisterkamp (Herne-Wanne), Zeche-Bochum.

Früher gab es auch richtig geile Punk-Plattenläden wie z.B. Dirty Faces (Bochum) oder New-Life-Shark aus Essen.Last chance aus Dortmund u.s.w. Also doch, hier ist schon ne ganze Menge passiert. Natürlich brauch ich ja auch garnicht das Ruhrgebiets-Menü „Currywurst,Pommes, Mayo“ erwähnen. Vieles habe ich von hier aus mit dem Zug bereist 🙂 „ÜBERFLÜSSIG“ kommen ja auch aus Herne und sind schon (oh je) über 20 Jahre unterwegs.

MAKKE : Im Ruhrgebiet gibt’s die geilsten punkfestivals an denen ich gute Erinnerungen habe.

4. Was ist für dich der “punkigste” Ort im Ruhrgebiet?

JOSCHA : Früher war das ganz klar „Bochum“ im Bermuda-Dreieck. Dort waren an den Wochenenden immer Punks aus den ganzen angrenzenden Städten anzutreffen. Mit Mukke aus der Konzerve oder einer Gitarre zum mitgröhlen..war echt schon GEIL…

MAKKE : Definitiv mein Keller im Elternhaus, der damals nicht nur zum Proben benutzt wurde, sondern auch für viele Punkige Partys.
www.petersoma.de

www.facebook.com/funpunkausherne

tdtwLetztes Jahr feierte das Too Drunk To Watch Filmfestival in Bochum eine wunderschöne Premiere. In der gemütlichen Atmosphäre des Neuland bei bestens gekühltem Schlegel gab es eine bunte Mischung von Punk auf der Leinwand zu sehen. Vom 28. bis 30.10. geht das Festival in die zweite Runde, unter anderem mit viel regionalem und der Deutschland-Premiere der NofX-Doku „A Fat Wreck“. Vorab haben wir mit Organisator Stefan geplaudert, dessen Gitarrenkünste übrigens am Sonntag in einem Film zu sehen sein werden.

Too drunk to watch geht in die zweite Runde. Wie hast du die erste Runde erlebt und musstest du lange überlegen, weiter zu machen?

Die Premiere im letzten Jahr war ziemlich cool. Ich hatte ja keine Ahnung, ob sowas funktioniert, aber es kamen tatsächlich an allen Abenden Leute und hatten Spaß. „Brennende Langeweile“ haben sich dann am letzten Abend fast 50 Leute angeschaut und wer den Raum im Neuland kennt, weiß, dass mehr gar nicht geht. Auch das anschließende Konzert mit TV Smith in der Trompete war gut besucht und ein ziemlich runder Abschluss des Festivals. Insofern musste ich nicht lange überlegen und es war eigentlich schon da klar, dass ich es dieses Jahr wieder machen werde.

stefan

Stefan trinkt gern Bier

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, kommen ja viele Filme aus Berlin aus dem Programm des dortigen Too drunk to watch. Aber woher hast du zum Beispiel die Doku über das Heusner Viertel in Bochum?

Diesmal ist eigentlich gar kein Film der Berliner dabei. Das hat sich irgendwie so ergeben. Das Heusnerviertel war ja Anfang der Achtziger hier in Bochum ein besetztes Wohnviertel mit mehreren Straßenzügen. Das wurde dann wegen der Stadtautobahn abgerissen und heute steht nur nach das Thealozzi. Ich kenne das noch von damals und vor einigen Jahren habe ich mal bei Google danach gesucht und diesen Film gefunden. Jetzt läuft er beim Festival und ich hoffe, dass viele Bochumer kommen, um sich „Tanz auf dem Vulkan“ anzuschauen.

Insgesamt finde ich das Programm wieder sehr ausgewogen von regional bis international, von informativ bis vollkommen uninformativ aber sehr unterhaltsam wie bei Verlierer. Was ist dir wichtig bei der Zusammenstellung und worauf freust du dich am meisten?

Die Ausgewogenheit ist sicherlich ein Aspekt, aber letztlich ist auch das Angebot recht überschaubar. Der Eintritt läuft gegen Spende, der Platz ist begrenzt, da ist dann natürlich das Budget minimal, so dass ich Filme für die Leihgebühren anfallen, im Grunde kaum möglich sind. Ich freue mich eigentlich auf alle Filme, aber meine persönlichen Highlights sind „Tanz auf dem Vulkan“, die Deutschlandpremiere von „A Fat Wreck“ und dass am Sonntag Volker „Kampfgarten“ Wendland mit seiner Gitarre vorbei kommt und ein paar Lieder spielen wird.

Kosten 3D, HFR und Dolby Digital extra oder ist das in der Hutspende bereits enthalten?

Punk muss ja immer auch einen Gegenpol darstellen und deshalb wird beim Festival auf hochmodernen Technik Schnickschnack verzichtet. Bei den empfohlenen drei EUR, die Besucherinnen und Besucher in den Hut schmeissen sollten, bleibt dann sicherlich noch Geld übrig für ein leckeres Schlegel im Neuland, wo man übrigens auch ziemlich gut Essen kann.

Du machst Punk als Radiosendung ,zeigst Punk auf der Leinwand, in der Ramoetry hast du Ramones Texte als Lyrik lesen lassen oder veranstaltest Lesungen zum Thema Punk. Juckt es dich nicht manchmal einfach mal ein Konzert zu organisieren oder hast du schon andere Ideen für ein Punk Crossover?

Ein Konzert werde ich 2017 auf jeden Fall veranstalten, denn da wird Punkrockers-Radio 15 Jahre alt und das muss natürlich entsprechend gefeiert werden. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir das, wie zum 10-jährigen, wieder in der Rotunde hier in Bochum machen können. Die öffnet ja glücklicherweise wieder ihre Pforten. Ein Termin steht allerdings noch nicht fest. Andere Pläne gibt es noch nicht, aber mit Radio, Ramoetry und Filmfest bin ich auch reichlich ausgelastet. Ich gehe aber davon aus, dass mir früher oder später wieder irgendwas einfällt und dann mache ich es halt. Das ist ja auch nach 40 Jahren immer noch die Idee von Punk. Kein Plan haben, aber trotzdem machen.

28.-30.10. Too Drunk To Watch, Neuland, Bochum

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FREITAG
20:00 Tanz Auf Dem Vulkan
Eine Dokumentation über das einst besetzte Heusnerviertel in Bochum

21:30 Mia san dageng
Punk in München
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SAMSTAG
20:00 Oiro Kneipentour
Elf Konzerte in und vor elf Kneipen an einem Tag

20:30 Wo die Zitronen blühen
Kurzfilm der Band Oiro

21:15 A Fat Wreck
Deutschlandpremiere der Doku über das legendäre Label von NOFX-Sänger Fat Mike
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SONNTAG
18:30 Volker „Kampfgarten“ Wendland
Live und akustisch

19:30 Drei kurze Filme über die Kassierer

20:15 Verlierer
Der Kultfilm aus den 80ern mit Campino und Ralf Richter

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MONTAG
Abschlußparty mit MALASAÑERS und Dørn Shamrock ab 21 Uhr, Die Trompete

Hinweis: Einen musikalischen Rückblick auf das Rodeo, mitsamt einigen Stimmen von diesem Jahr, gibt´s demnächst auf Punkrockers Radio.de! Genauer Termin folgt hier und auf Facebook! 😉

IMG_8160Das war mal wieder ein Fest!

Nach drei Tagen braucht man dann zwar nochmal drei Tage Urlaub, aber das ist es wert! Schon das Lineup las sich im Vorfeld der zehnten Jubiläumsausgabe des Ruhrpott Rodeos angemessen. NOFX, Flag, Talco, UK Subs, CJ Ramone, Lagwagon, Adolescents, Descendents, Sondaschule, Eisenpimmel, Zwakkelmann und und und. Ganz schön viel zu tun, Prioritäten setzen war angesagt. Eine Priorität war es, zumindest am Freitag schon pünktlich am Gelände zu sein, um das PIY Punkrock Karaoke schon mitzubekommen. Das hat, nach unterhaltsamer Bahnfahrt mit netten Leuten (Schöne Grüße in die Schweiz! 🙂 ), auch ganz gut geklappt. Gute Songauswahl diesmal und sogar einige durchaus talentierte SängerInnen auf der Bühne, schöne Sache zur Eröffnung! Weiter ging´s mit Bonsai Kitten, nett. Buster Shuffle waren ziemlich öde, also eine gute Gelegenheit mal ein paar Leute zu treffen, zu quatschen und zu trinken. The Baboon Show waren im Anschluss daran allerdings ziemlich cool, da werde ich wohl nochmal genauer reinhören. Zwakkelmann als Opener auf der kleineren Rodeo IMG_7206Bühne war gewohnt großartig, was hier allerdings störte war (wie leider oft) der Soundcheck der größeren Ruhrpott Bühne. Ganz ehrlich, meiner Meinung nach könnte man einige Bands zwischen 12.30 Uhr und 14 Uhr streichen und das Programm etwas entzerren, um vernünftige Umbau Pausen einbauen zu können. Das Gebolze der Hauptbühne hat wirklich einige Auftritte auf der kleinen Bühne äußerst anstrengend gemacht. Naja, egal. Jello Biafra und seine Medizin Schule habe ich jetzt zum dritten (?) Mal gesehen und werde einfach nicht warm damit. Klar, die Kennedys Songs sind super, an Jello als Person und Sänger gibt´s auch keinen Zweifel, aber irgendwie zündet die Musik bei mir einfach nicht. Furchtbar belanglos das alles. Darüber hinaus konnten die wesentlich grandioseren Knochenfabrik im Anschluss mindestens einen Song nicht spielen, da Jello´s Ansprache zu Donald Trump doch etwas langgezogen war. Verständlich, auch wenn ich mich zeitweise in die 2000er Jahre zurückversetzt fühlte, als gefühlt jede US-Band mindestens einen Song oder eine Ansage gegen George Bush brachte. Aber wie gesagt verständlich, ist ja auch ein Arschloch. Jello´s Neuinterpretation „Nazi Trumps Fuck Off!“ setzte dem Ganzen dann einen passenden Schlusspunkt. Dritte Wahl machten beim einsetzenden Sonnenuntergang dann wieder richtig Spaß und auch Veranstalter Alex ließ sich auf der Bühne sehen und surfte anschließend, Gutscheine verteilend, auf einer Matratze durch das Publikum. Couchsurfing mal anders. 😉 Zu fortgeschrittener Stunde lockten mich dann die Klänge von „Rebel Yell“ nochmal an die kleine Bühne und ich könnte IMG_8010schwören, ich hab den echten Billy Idol auf der Bühne gesehen, coole Sache diese Idolized. Suicidal Tendencies und Adolescents (angekündigt als Kids Of The Black Hole) verpasste ich zugunsten von Quatschen, Trinken, Leute treffen – Socializing wie man so sagt. Headliner des Abends waren dann WIZO. Das letzte Mal, dass ich WIZO live sah, war die Reunion Show auf dem Rodeo 2010. Damals war ich ziemlich enttäuscht und kam mir schrecklich alt vor, da das alles nicht so recht zünden wollte. Diesmal ging ich also mit geringer Erwartungshaltung an die Sache ran und wurde positiv überrascht. Die Setlist war gut gefüllt, die Hits aus meiner Jugend wurden gespielt und nur etwa 3-4 neue Songs gebracht. So kann man das machen! Entsprechend voll war es auch vor der Bühne, was der Stimmung darüber hinaus sehr zuträglich war. Der mittlerweile gesteigerte Alkoholpegel (fast) aller Anwesenden mag ein weiterer Grund gewesen sein. Apropos Alkohol, einige Schnapsleichen gibt´s ja immer, aber im Großen und Ganzen kann man die meisten Feiernden doch als „professionelle Trinker“ bezeichnen – im positiven Sinne natürlich. Denn mit wenigen Ausnahmen konnten alle gut mit der Menge Alkohol umgehen die sie so intus hatten. Außerdem führt dies ja auch manchmal zu ganz unerwarteten, aber doch irgendwie witzigen Begebenheiten. So wie Freitag etwa, als ich etwas betrunken nach dem WIZO Auftritt mit zwei weiteren Betrunkenen ins Gespräch kam. Wir tauschten ein paar Sätze aus und ich fragte, woher sie denn kämen und was sie so vom WIZO Konzert hielten. Meiner getrübten Ansicht nach drückte ich mich dabei natürlich sehr verständlich und äußerst eloquent aus. Nach einigen verwirrten Blicken und eher verhaltenen Antworten fragten sie mich (auf bestem Schulenglisch), ob ich aus England stamme oder aus welchem Land ich denn eigentlich ursprünglich käme. Meine Aussprache schien also doch eher undeutlich und lallend, anstatt verständlich und eloquent gewesen zu sein. Verwirrt behauptete ich, dass ich aus Irland stammen würde und der Rest des Gesprächs fand dann auf Englisch, mit eigens in Dublin angeeignetem irischen Akzent, statt. Crazy, indeed.IMG_8201

Der Samstag begann entsprechend spät und verkatert eigentlich erst mit dem grandiosen El Fisch, der, alleine mit Gitarre, dem Soundcheck der Hauptbühne trotzte. Die Ansage in selbige Richtung „Schnauze da drüben!“ dürfte nicht nur mir aus dem Herzen gesprochen haben. Der restliche Abend plätscherte musikalisch so vor sich hin, was der (für mich) eher uninteressanten Bandauswahl geschuldet war. The Locos haben darüber hinaus abgesagt, so dass Schmutzki einsprangen. Kannte ich nicht, außer von der Promo für ihren Campingplatz Auftritt, überzeugte mich aber auch in keiner Weise. Muss ja auch nicht. Lagwagon waren für mich schon immer irgendwie eine der uninteressanteren Bands aus der „Kalifornien Connection“, dementsprechend belanglos war auch der Auftritt. Sicherlich wurde hier nichts falsch gemacht, öde war es aber trotzdem. Überraschend gut waren dann Irie Revoltés, die zumindest für ein paar Songs richtig Laune machten, was besonders nach den eher schwachen Lagwagon wirklich nötig war. Nach ein paar Songs von den Fucking Faces war die Kondition dann aber schon wieder am Ende, so dass Turbonegro, The Creepshow und leider auch die Descendents verpasst wurden. Es galt neue Energie für den wesentlich besseren Sonntag zu sammeln!IMG_8661

Los ging es Sonntags dann mit Leftöver Crack, die durchaus gefielen und Swiss & Die Andern, mit denen ich nur kurz was anfangen konnte. Um 16 Uhr spielten dann endlich die legendären UK Subs! Unglaublich was der mittlerweile 72 jährige Charlie Harper da abliefert, authentisch, sympathisch und energiegeladen – großartig, immer wieder! Talco lieferten dann im Anschluss das beste Konzert des Festivals, bei dem selbst die hinteren Reihen tanzten. Ebenfalls super waren The Dwarves, die auch gut zu den darauffolgenden Eisenpimmel passten. Grandios wie immer. Eisenpimmel brachten mit „Huka-tschaka Töff Töff“ und Polonaise dann auch ein bisschen Ballermann nach Hünxe. Warum funktioniert das bei denen bloß immer so gut? Ach ja, zwischendurch spielten auch noch Flag, die auf jeden Fall hundertmal besser waren als Black Flag vor ein paar Jahren. Das sagt aber leider nicht viel. Ähnlich wie bei Lagwagon wurde nichts falsch gemacht, aber trotzdem höre ich mir in Zukunft lieber wieder die Alben an, live brauche ich das wirklich nicht nochmal. Trotzdem schön, sie nochmal gesehen zu haben. Richtig gut war dann im Vergleich wieder mal die Sondaschule, funktioniert live irgendwie immer! Headliner am Sonntag waren dann NOFX, die erwartungsgemäß gut abräumten. (Nicht nur) Live auf jeden Fall immer zu empfehlen! Rausschmeißer war Henry Rollins, der eine seiner Spoken Word Performances ablieferte. Für mich nach dem Tagesprogramm nicht mehr interessant, um 14 Uhr hätte ich mir das durchaus gegeben. Schade eigentlich.IMG_8773

Was bleibt? Für mich definitiv, dass das Ruhrpott Rodeo sich mittlerweile zu dem Sommerfestival überhaupt entwickelt hat. Neben dem immer wieder genialen Lineup ist mir dieses Jahr, wie im Prinzip auch schon alle Jahre vorher, besonders die wirklich ausgezeichnete Stimmung aufgefallen, die man nicht auf jedem Festival findet. Besonders bei den großen dreitägigen Festivals gehen mir einige Leute zu später Stunde mal mehr, mal weniger auf die Nerven. Hier blieb die Stimmung, trotz einer ganzen Menge Alkohol, gut, wenig assig und insgesamt sehr entspannt. Zum Teil ist das sicher auch der entspannten Security zuzurechnen, die ebenfalls wieder nur lobend erwähnt IMG_7916werden kann. Alle Securitykräfte mit denen ich gesprochen habe, waren ausgesprochen freundlich und hilfsbereit, etwas, was man äußerst selten findet. Noch seltener sieht man die MitarbeiterInnen im Bühnengraben tanzen, hier hingegen mehrfach. Großartig! Irgendwie macht auch dies das Festival auf eine Art „familiärer“. Dazu trägt auch die entspannte Haltung der meisten Bands bei. Von der 12.30 Uhr Band bis zu den Headlinern konnte man relativ viele zwischen den verschiedenen Plattenständen rumstromern sehen, Fanfotos und Autogramme geben inklusive! Dat is doch kein Punk! Würde Zwakkelmann wohl sagen, macht das Ganze aber nur noch sympathischer, familiärer eben. Was das diesjährige Booking angeht, kann man sicher festhalten, dass es dem zehnten Jubiläums-Rodeo mehr als angemessen war. Auffallend war dabei auch der relativ hohe Frauenanteil auf der Bühne. Schön, das (meiner Meinung nach) relativ ausgeglichene Geschlechterverhältnis im Punkrock auch mal auf der Bühne repräsentiert zu sehen und nicht nur, wie sonst oft, hinter den Kulissen oder vor der Bühne.

So, jetzt ist aber auch mal gut mit Geschreibe. Vielen Dank an Alex und Crew, an Securites, PlattenverkäuferInnen und das restliche Publikum für ein absolut gelungenes Ruhrpott Rodeo 2016! Auf die nächsten Zehn! 🙂

 

Bochum Total hat ja bekanntlich stets ein dickes Programm. Da wir zudem am Samstag beim parallel stattfindenden Jokers Festival lesen werden, haben wir mal einen kleinen Wegweiser gebastelt, wie man die Tage von Donnerstag 14.7. bis Sonntag 17.7. in Bochum so verbringen kann.

Donnerstag startet um 15 Uhr das Jokers Festival in der Buchhandlung Jokers (Kortumstr. 76). Zepp Oberpichlers (Jimmy Keith, Zepp Strange) liest aus dem Roman „Die Stones sind wir selber“ und hat sicher auch eine Gitarre mit am Start. Später könnten dann Schramme11 (18.15 Heinz Bühne) und vor allem Mr. Irish Bastard (20.45 Heinz-Bühne) angesteuert werden. Off-Stage geht es in der Trompete ab 21 Uhr mit Old Styles Best weiter: Seit 17 Jahren covern bzw. zelebrieren die fünf Jungs aus Bochum und Dortmund nun schon die feinsten Punkrock und Hardcore Hits von Ramones, Misfits, Dead Kennedys, The Damned, Sick Of It All oder Turbonegro.  

Beim Jokers Festival geht es Freitag ab 15 Uhr um Metal im Ruhrgebiet. Holger Schmenk liest aus „Kumpels in Kutten. Heavy Metal im Ruhrgebiet“. Zu Gast ist Klaus Vanscheidt. Ab 17 Uhr ist wieder die Heinz-Bühne einen Besuch wert: Es spielen Astairre und anschließend Radio Havanna. Ab 21 Uhr könnte man sein Glück nochmal auf der coolibri-stage im Riff versuchen. Dort spielen die Los Placebos und ab 22.30 Smile and Burn.

Das ganz dicke Highlight findet natürlich Samstag 16.7. um 15 Uhr bei Jokers statt. Dennis und ich lesen die Perlen aus unserem Buch „Mit Schmackes! Punk im Ruhrgebiet“ und werden unterstützt from the one and only Zwakkelmann from Niederrhein. Das wird einfach nur großartig und irre gemütlich! Danach ist eigentlich alles gesagt und die Messe gelesen oder man geht um 20.45 noch zu Itchy Poopzkid auf der Einslive Bühne. Auch auf der coolibri-Stage läuft mit Lygo (18.30), Stereogold (20.30) und Staatspunkrott (22.30) noch Punkrock. Im Anschluss an das Konzert von Tigerjunge und der Thomas Allan Band gibt es in der Trompete ab ca. 22.30 noch Indie, Punkrock und Garage frisch vom Plattenteller!!

Das Programm für Sonntag ist klar: 20.45 die mächtigen Kassierer auf der Heinz-Bühne.

telemarkinputoutÜber Telemarks Duisburger Bros und Sister von Eisenpimmel wurde in auf der Internetseite von Die Zeit mal dieser bescheuerte Satz geschrieben: „An Eisenpimmel fasziniert mich die (un-)ästhetische Schlüssigkeit„. Über Telemark könnte ich das genaue Gegenteil schreiben: „An Telemark fasziniert mich die ästhetische Schlüssigkeit“.

Das fasziniert umso mehr, weil ein paar Telemarker regelmäßig gezwungen werden, bei Eisenpimmel auszuhelfen, wenn mal ein richtiger Akkord oder Ton gebraucht wird. Ähnlichkeiten zwischen beiden Bands gibt es hingegen bei der Arbeitshaltung, die Telemark auf Informat (2009) in „Keine Lust“ und 2016 in „Gerne morgen“ ausgesprochen explizit zur Schau stellten und die vermutlich ihren Teil zu 7 Jahren zwischen zwei Platten geführt hat. Ebenfalls gemeinsam haben beide eine Vorliebe für schöne deutsche Wörter. Während Eisenpimmel uns seiner Zeit im Interview das Wort „keck“ wieder in Erinnerung riefen, holen Telemark das korrekte „akkurat“ in dem gleichnamigen Song aus der Versenkung. Das finde ich gut!

Telemark liefern jedenfalls jedes mal ein geiles, fett produziertes musikalisches Brett mit Stil und viel viel Witz in den kryptischen Texten ab. Nun also input/out: Mehr Wucht, mehr, Bass, teilweise extrem fett hochgeschraubte Songs. Musikalisch macht der Band keiner was vor. Postpunk, Punk, Noise, Alternative, Indie sind die Eckpunkte, mich hätte nicht gewundert, wenn Kurt Ebelhäuser den einen oder anderen Song produziert hätte. Hat er aber nicht. Insgesamt klingen Telemark deutlich aggressiver, was ihnen ausgesprochen gut steht.

Auch Themen und Stimmung im Ganzen sind ernster geworden ist, ohne Witz sind die Texte aber bei Leibe nicht. Allein so poetische Reime wie

„Lieber ein Bier mit dir,
als ich allein mit mir.“

(aus dem bombastischen „Kaputte Köpfe“) oder

„Ich tu mich etwas schwer,
dem anderen zu erklären,
dass ich ihn nicht mag so sehr.“

(aus dem anschließenden „Wortort“) sind mindestens Literaturpreis Ruhr würdig und lockern die härteren Themen immer wieder auf. Denn Dügida und der gar nicht mal so sanfte Niedergang haben aber Spuren darin hinterlassen. Querverweise zum Leerstand („Jammer Jamma Hey“) oder stetiger Fremdenfeindlichkeit („Schokolade“, „Kopfreiniger“) werden mal mehr, mal weniger stark explizit gezogen, aber nie mit Parolen oder unterkomplexen Theorien ausgelutscht. Ganz im Gegenteil ist vieles eher Zitat des geführten Diskurses auf den Straßen, es ist ja nicht so, dass Telemark den Leerstand schlecht finden, sondern sie tragen den Diskurs der Einkaufsstraße in die Rockmusik:

„Weiter Leerstand, weiter Leerstand
Ob im Hier, ob im Ich und alles so
Jammer Jamma Hey.“

Und so ist input/out so eine Art neubautensche oder kraftwerksche Vertonung Duisburgs auf Aggro. Und so sind Telemark quasi die Schimanski des scharf geschliffenen Postpunk oder eben die ästhetische Version von Eisenpimmel. Hammer Hammer Ey!

Quasi zeitgleich erschien das Debüt der Band Storno mit teilweise überschneidender Besetzung. Die ist auch großartig und wird demnächst auch vorgestellt 🙂

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