Ist der Schlaffke eigentlich so eine Art Urtyp des idealen Menschen? Lebend im Einklang mit der Hamminkelner Natur, höflich, beruflich ordentlich ausgebildet und mit Schließmuskel und als Zwakkelmann ja auch in der Kunst bewandert. Und nun ist er mit dem Buch „Shitsingle“ auch noch Autor und kann er sich wohl deshalb nun erlauben, unter dem bürgerlichen Namen Reinhard Wolff zu veröffentlichen?

Als großer Freund des einfachen Wortspiels bin ich erstmal Fan des Titels (ja, auf dem Buchrücken ist das erste S sogar anders eingefärbt, um das Wortspiel zu betonen!), denn „Shitsingle“ ist eine Art Biografie Schlaffkes äh Zwakkelmanns, pardon Reinard Wolffs, die sich um Privates (wie das Single- oder eben nicht Singledasein) und das Leben als Musiker und Künstler dreht.

Wer sich auch nur ein bisschen im Umfeld von Schlaffke bewegt, wird einige Orte und Personen wieder erkennen, auch wenn diese in der Regel leicht anonymisiert wurden. Vieles ist lustig, einiges hat einen eher nachdenklichen Ton, kurz vor Ende des Buches wird es plötzlich ernst, finster, traurig.

In die Geschichten sind oft Zwakkelmannsche Songtexte eingebunden, so dass sich Buch und Songs gegenseitig Authentizität verleihen. Dabei ist das Ganze keine Künstlerbiografie im eigentlichen Sinne, sondern es sind „Anekdoten eines Vollidioten“, wie es so schön im Untertitel ist. Buch und Autor nehmen sich also angenehm unwichtig und alles hat diese wunderbar heimelige Aura, wie man eine Zwakkelmann Platte hört. Auch wenn die erzählten Geschichten episodisch sind, fügen sie sich irgendwo zu einem Gesamtbild zusammen, so dass man auch viel Neues etwa aus der Zeit von Schließmuskel erfährt oder dass Schlaffke sympathischerweise den schwäbischen Dialekt befremdlich findet.

Das Buch kommt in schöner, wertiger Aufmachung – gebunden und mit Lesebändchen. Es ist wunderbar!

Reinhard Wolff: Shitsingle. Anekdoten eines Vollidioten, Hirnkost 2021, 248 Seiten, ISBN: 978-3-948675-21-9, 18€

Foto

Mit „Lärm der Nacht – Post-Punk im Westen“ werfen Peter Hartinger (bka Jan Cux) und Armin Wonner einen Blick in die Zeit der Entstehung und Ausdifferenzierung von Punk in den 80ern. Post-Punk scheint mir hier all das zu umfassen, was sich in irgendeiner Weise auf Punkideen beruft, aber dabei noch sein eigenes Ding macht und ein bisschen aus dem Rahmen fällt. Das Buch enthält einige Texte aus dem Schweinepest Fanzine, das die beiden seiner Zeit herausgaben, viele alte Fotos, die die beiden damals mit einfachem Equipment auf unzähligen Gigs geschossen hatten und ein paar für das Buch angefertigte Beiträge. Der regionale Schwerpunkt ist Düsseldorf und das Ruhrgebiet. Und so kommt in dem Buch eine bunte Mischung aus den Toten Hosen, Philipp Boa, Family 5, den Neubauten, Tom Liwa, den Ärzten aber auch viel Wave und Indie aus England vor. Von Clox und Vorgruppe aus dem Ruhrgebiet gibt es tolle Konzertfotos, außerdem kommen immer wieder Locations aus dem Ruhrgebiet in den Berichten vor, zum Beispiel das JZE oder die Pappschachtel.

Ein aktuelles Interview zeichnet die Geschichte vom Zentrum Altenberg nach, so dass man nicht nur reichlich wehmütig auf die herrlich unhygienischen Zustände in den frühen 80er zurück blicken kann, sondern auch noch einiges Neues erfährt. Sehr charmant ist ein Gastbeitrag von Tom Liwa, der aufgefordert ist über seinen Auftritt beim Garageland Showcase zu schreiben und erst einmal seine Erinnerungen an Kotze und Joints sortieren muss, um sich dann zu erinnern, dass es das Konzert war, bei dem er mit Münzen beschmissen wurde, weil er mit einer Akustikgitarre auftrat. Daneben steht ein Ausschnitt aus dem damalig verfassten Konzertbericht, in dem die Herausgeber des Buches wiederum bereits die Großartigkeit Tom Liwas erkannten. Das spricht für sie und mit diesem Buch erlauben sie einen liebevollen und stimmungsvollen Einblick in die frühen 80er. Die Zusammenstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Relevanz. Enthalten ist, was vorliegt und gefällt. Wie ein Fanzine in Gebunden.

Hartinger/Wonner: Lärm der Nacht – Post-Punk im Westen, Geldern 2021

https://www.peter-hartinger.de/mucke/wordpress/laerm-der-nacht/

Beim Punk im Pott 2013 fiel eine Entscheidung, nämlich dass es eine Biografie der Abtürzenden Brieftauben geben müsse und dass man dies am besten selbst machen müsse. Diese Entscheidung traf seiner Zeit René Schiering, der diese Biografie nach fast acht Jahren im hauseigenen Verlag der Band veröffentlicht hat. René war damals zu Beginn unserer Recherchen einer unserer ersten Ansprechpartner, weil er damals mit Rockwohl Degowski eine Platte veröffentlicht hatte und mehr oder weniger parallel mit „Ruhrpott Köter“ einen lässigen Ruhrpott-Roman noch dazu. Die Brieftauben Bio „Heute doof und morgen doof und übermorgen wieder. Die Geschichte der Abstürzenden Brieftauben“ thematisiert natürlich viel Hannover, aber natürlich werden immer wieder Querverbindungen ins Ruhrgebiet beschrieben. Besonders schön ist die Hingabe und Detailverliebtheit, mit der René die Geschichte der Band nachzeichnet. Philip hat mit ihm über Band, Buch und Bürgerliche gesprochen.

Wie ist es zu der Idee gekommen?

Ich wollte gern eine Künstlerbiografie machen und dann aber über eine Band, die mir etwas bedeutet. Die Brieftauben waren in meinen Teenager Jahren meine absolute Lieblingsband. Ich bin im Sommer 88 mit elf Jahren über meine große Schwester auf die Brieftauben gestoßen. Ich hab sie dann 2013 beim Punk im Pott erstmals live gesehen und so nahm es dann 2014 dann Fahrt auf.

Was hat dich als Teenager an den Brieftauben fasziniert?

Mich hat fasziniert, dass sie zu zweit waren und dass es zwei Kumpel waren, die ganz unkompliziert zusammen Musik gemacht haben. Das klingt ja auch nicht so, als ob das total aufwändig wäre. Ich hatte mir dann auch direkt ein paar Freunde dazugeholt und zum Beispiel mit einem Spielzeugschlagzeug Musik gemacht. Die Toten Hosen waren ja im Gegensatz immer eher eine Gang. So viele Freunde hatte ich in Gladbeck ja gar nicht, um mit denen mitzuhalten. Und das andere ist auch der Look, zum Beispiel wie bei Micro die blauen Haare ins Gesicht fielen.

Hat dich in Gladbeck damals nichts fasziniert?

Nein, nicht wirklich. Klar hat man später auch mal Bands kennen gelernt, als man dann auf Konzerte gehen durfte, aber mehr war da nicht.

Wie ist die Band mit deiner Anfrage umgegangen?

Ich hab die Band unkompliziert bei Facebook angeschrieben. Damals betreute Oli die Facebook Seite und ich hatte innerhalb von 20 Minuten die Antwort, dass er Bock hätte und er Micro gefragt hätte, der auch Bock hätte. Ich bin dann auch recht schnell nach Hannover gefahren und hab dann auch gemerkt, dass erst mal geguckt wurde, was ich für einer bin. Aber zum Glück mochte er mich, so dass wir sehr schnell die ersten Interviews gemacht haben. Darüber habe ich viele Details erfahren und es streute dann so heraus, so dass ich am Ende ca. 30 Interviews geführt habe.

Du beschreibst unglaublich viele Details. Hast du dich nochmal wie der kleine Teenager gefühlt, der seine Idole trifft oder warst du schon der professionelle Journalist?

Das erste ganz sicherlich auch. Ich hatte schon so was wie Herzrasen, als ich zum ersten mal in Micros Tür stand. Aber ich bin ja auf der anderen Seite auch Wissenschaftler, weil ich auch diese Lust habe, mich in diese Details hinein zu begeben.

Wie stehst du zum Begriff von Funkpunk, mal abgesehen von der Feststellung, dass einige Bands lustiger sind als andere.

Ich hab da nicht so das Problem, ein Subgenre zu erkennen. Dieses Phänomen wurde in Deutschland zwischen 88 und 93 ein richtiges Branding. Schließmuskel hatten da bestimmt Probleme mit, weil sie ja viel mehr sind, auch wenn sie mit den Brieftauben und Mimmis getourt sind. Ich würde das Phänomen aber trotzdem nicht negativ verstehen. Ich stimme insofern mit dir überein, dass diese Bands in der Grundhaltung nichts von anderen Bands unterscheidet, sondern dass sie mit Humor oder vielleicht Sarkasmus Stilmittel benutzen, um vielleicht Ähnliches auszudrücken. Schließmuskel sind ja fast schon intellektuell mit so wunderbaren Albumtiteln wie „Sehet, welch ein Untergang!“.

Du bist ja mit einer gewissen Perspektive darein gegangen, weil du dich ja schon als Kind und Teenager mit Band und Musik beschäftigt hast. Hat dich nach deinen Recherchen irgendetwas wirklich überrascht?

Wir war gar nicht so bewusst, dass unter diesen Leuten ja viele Abiturienten oder abgebrochene Studenten sind. Aber natürlich braucht es auch einen gewissen Background, um zum Beispiel mal eine Platte zu pressen. Dass Konrads Eltern zum Beispiel einen Kabarett- und Bühnen-Hintergrund haben, wusste ich zum Beispiel nicht, hat aber rückblickend viele Fragen beantwortet. Da war ich jedenfalls überrascht, wie weit das von dem Milieu entfernt ist, in dem ich aufgewachsen sind. Der 13-jährige in mir hätte sich das vielleicht anders gewünscht, weil man natürlich hoffte, dass man aus dem selben Holz geschnitzt ist.

Wie ist es nun zur Veröffentlichung gekommen?

Das Buch ist eigentlich seit 2018 fertig. Vorher gab es Gespräche mit Verlagen oder auch einem Literaturagenten, der sich darum kümmern wollte. Das hat aber letztlich alles nicht geklappt. Und dann kam die Idee auf, es mit der Band zu machen, weil das Management eine eigene Produktionsfirma hat. Und damit wurde es eines von vielen Projekten der Band, in die sich die Buchveröffentlichung dann so einreihte. Corona war dann sicherlich der richtige Zeitpunkt, das zu bringen, weil die Leute zum Beispiel nicht auf Konzerte können und die Band selbst ja auch nicht tourt.

Und bist zu zufrieden mit der Situation es nun mit der Band selbst veröffentlicht zu haben?

Ja total, das Buch hat ja auch eine ISBN Nummer und alles. Mir war es ab einem gewissen Punkt auch wichtig, dass die Band da mit drinnen ist. Das macht es auch gewichtiger, wenn ich weiß, dass die Band einverstanden ist. Und auch die Band soll ja was davon haben, also auch Geld und Prozente. Außerdem kann man das Buch direkt an die Fans verkaufen und man muss sich weniger mit Großhändlern und ähnlichem herum schlagen. Ich finde, das ist die angemessene Art, das zu veröffentlichen.

Schiering, René: Heute doof und morgen doof und übermorgen wieder Die Geschichte der Abstürzenden Brieftauben, 2021, ISBN 978-3-946519-01-0 236 Seiten plus CD

Erhältlich über den Buchhandel oder über den Verlag: https://www.robido.de/allgemein/heute-doof-und-morgen-doof-und-uebermorgen-wieder-von-rene-schiering/

26. Mai 2017 · Kommentieren · Kategorien: Gehört

Paranoya-270x270Woran erkennt man eine Band, die es ernst meint? Daran, dass sie auch im Jahr 2017 noch tapfer ihre Myspace-Seite pflegt. So ist es bei Paranoya aus Hamm, womit wir nebenbei auch herausgefunden hätten, dass Myspace noch gar nicht abgeschaltet wurde und deutlich schneller lädt als anno 2000 oder wann das gerade angesagt war. Zudem betreiben sie weder Instagram noch Snapchat, das ist auch noch Haltung!

Nun denn: Von Paranoya gibt es nach dem gelungenen Fragmente-Album eine neue 7‘, zwei Songs, einer A, einer B, das Ding gibt es nämlich physisch nur auf Vinyl. Aufgenommen wurden die Songs aber schon 2014, sind also vermutlich während der Fragmente Aufnahmen mit entstanden und werden nun nachgeschoben.

Textlich ist alles beim Alten: Politisches und Gesellschaftskritisches wird auf der persönlichen Ebene verhandelt. In „Dämonen“ geht es darum, dass etwas in einem selbst über einen selbst Besitz erlangt. Wären es nicht „meine Dämonen“ könnte man dem auch eine gesellschaftliche Interpretation abringen, bei allem, was neuerdings gesellschaftlich wieder aus den Löchern gekrochen kommt. Aber das sind sicher nicht unsere Dämonen. In „End//lich“ ist das Gesellschaftliche dann wieder stärker Thema: Gefühle, Wünsche, Ziele, wird alles kaum entwickelt bevor man ganz schnell gar nicht mehr ist.

Musikalisch hat sich wiederum sehr viel getan: Paranoyas Grundstil ist ja so eine Art Deutsch-Punk mit so einer Metal-Härte. In diesen beiden Tracks gehen sie mal ganz andere Wege, Dämonen groovt düster und ein bisschen bedrohlich vor sich hin, was insgesamt gut zum Text passt. Das textlich ja auch nicht gerade fröhliche „End//lich“ hat einen wie ich finde ganz lustigen Gitarren-Sound, wodurch alles auch irgendwie gar nicht mehr so schlimm klingt. Muss ich beim Gesang manchmal an die frühen Blumfeld denken? Um es heraus zu finden, müsste ich mal wieder die frühen Blumfeld hören, aber das möchte ich nicht. Deshalb zurück zu Paranoya:

Ich mag es ja überhaupt nicht, wenn eine Band sich immer „weiter entwickelt“ haben muss, nur weil sie mal anders klingt: Ich mag die beiden Tracks jedenfalls, weil sie den klassischen Paranoya-Sound ordentlich auffrischen.

https://myspace.com/paranoyahamm

ueberfluessigJoscha (aus Herne) und Makke (aus Haltern) sind Überflüssig. Über Joschas Label Röhlinghausen Records vertreiben Sie nicht nur die eigenen Platten, sondern immer mal wieder auch nette Vinyl-Sampler. Wir haben der (mit anderen) kleinsten Band der Welt unsere vier Fragen gestellt.

1. Wie bist du zum Punk gekommen?

JOSCHA : 1988 (im zarten Alter von 10 Jahren) hörte ich auf einer Gartenparty Songs aus den Alben „Nach uns die Sintflut“ (Die Ärzte), „Bis zum bitteren Ende“ (Die Toten Hosen) und auch aus dem „Kiss“-Alive II Album. Ab da ging dann mein Musikgeschmack in die Gitarren und Krachrichtung. 1989 kam ich dann (durch die Bravo) zu den ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN. Mit denen dann zu Slime, Goldene Zitronen u.s.w.

MAKKE : Mein Bruder war schon immer großer Ärzte Fan und hat mich damit angesteckt. Mir gefiel die Musik super. Ich habe mir viele andere Bands angehört und bekam immer mehr Lust Punkrock nicht nur zu hören sondern selbst mit zu trommeln.

2. Hat das Ruhrgebiet eine bestimmte Bedeutung für dich?

JOSCHA : Zum einen bin ich in Herne geboren und lebe aktuell noch hier. Zum anderen gibt es hier immernoch sehr viele grüne Flächen und ist auch Naturnah und hat immer eine Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag. Die Cranger Kirmes im Sommer ist natürlich auch ein Highlight.

MAKKE : Ich bin am Rande des Ruhrgebiets aufgewachsen und verbinde damit meine Heimat.

3. Verbindet Punk und Ruhrgebiet irgendetwas?

JOSCHA : Ja, denn sehr viele Bands aus dem Punk,New-Wave und Metal Bereich kommen von hier. Die Kassierer (Bochum),Extrabreit (Hagen),The Idiots (Dortmund),Schliessmuskeln (Harminkeln),Kreator (Essen/Gelsenkirchen),Lokalmatadore (Mülheim an der Ruhr). Ausserdem gibt es hier sehr viele coole Läden für kleine bis mittlere Konzerte ; Rattenloch (Schwerte) , FZW (Dortmund) Juz Heisterkamp (Herne-Wanne), Zeche-Bochum.

Früher gab es auch richtig geile Punk-Plattenläden wie z.B. Dirty Faces (Bochum) oder New-Life-Shark aus Essen.Last chance aus Dortmund u.s.w. Also doch, hier ist schon ne ganze Menge passiert. Natürlich brauch ich ja auch garnicht das Ruhrgebiets-Menü „Currywurst,Pommes, Mayo“ erwähnen. Vieles habe ich von hier aus mit dem Zug bereist 🙂 „ÜBERFLÜSSIG“ kommen ja auch aus Herne und sind schon (oh je) über 20 Jahre unterwegs.

MAKKE : Im Ruhrgebiet gibt’s die geilsten punkfestivals an denen ich gute Erinnerungen habe.

4. Was ist für dich der “punkigste” Ort im Ruhrgebiet?

JOSCHA : Früher war das ganz klar „Bochum“ im Bermuda-Dreieck. Dort waren an den Wochenenden immer Punks aus den ganzen angrenzenden Städten anzutreffen. Mit Mukke aus der Konzerve oder einer Gitarre zum mitgröhlen..war echt schon GEIL…

MAKKE : Definitiv mein Keller im Elternhaus, der damals nicht nur zum Proben benutzt wurde, sondern auch für viele Punkige Partys.
www.petersoma.de

www.facebook.com/funpunkausherne

tdtwLetztes Jahr feierte das Too Drunk To Watch Filmfestival in Bochum eine wunderschöne Premiere. In der gemütlichen Atmosphäre des Neuland bei bestens gekühltem Schlegel gab es eine bunte Mischung von Punk auf der Leinwand zu sehen. Vom 28. bis 30.10. geht das Festival in die zweite Runde, unter anderem mit viel regionalem und der Deutschland-Premiere der NofX-Doku „A Fat Wreck“. Vorab haben wir mit Organisator Stefan geplaudert, dessen Gitarrenkünste übrigens am Sonntag in einem Film zu sehen sein werden.

Too drunk to watch geht in die zweite Runde. Wie hast du die erste Runde erlebt und musstest du lange überlegen, weiter zu machen?

Die Premiere im letzten Jahr war ziemlich cool. Ich hatte ja keine Ahnung, ob sowas funktioniert, aber es kamen tatsächlich an allen Abenden Leute und hatten Spaß. „Brennende Langeweile“ haben sich dann am letzten Abend fast 50 Leute angeschaut und wer den Raum im Neuland kennt, weiß, dass mehr gar nicht geht. Auch das anschließende Konzert mit TV Smith in der Trompete war gut besucht und ein ziemlich runder Abschluss des Festivals. Insofern musste ich nicht lange überlegen und es war eigentlich schon da klar, dass ich es dieses Jahr wieder machen werde.

stefan

Stefan trinkt gern Bier

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, kommen ja viele Filme aus Berlin aus dem Programm des dortigen Too drunk to watch. Aber woher hast du zum Beispiel die Doku über das Heusner Viertel in Bochum?

Diesmal ist eigentlich gar kein Film der Berliner dabei. Das hat sich irgendwie so ergeben. Das Heusnerviertel war ja Anfang der Achtziger hier in Bochum ein besetztes Wohnviertel mit mehreren Straßenzügen. Das wurde dann wegen der Stadtautobahn abgerissen und heute steht nur nach das Thealozzi. Ich kenne das noch von damals und vor einigen Jahren habe ich mal bei Google danach gesucht und diesen Film gefunden. Jetzt läuft er beim Festival und ich hoffe, dass viele Bochumer kommen, um sich „Tanz auf dem Vulkan“ anzuschauen.

Insgesamt finde ich das Programm wieder sehr ausgewogen von regional bis international, von informativ bis vollkommen uninformativ aber sehr unterhaltsam wie bei Verlierer. Was ist dir wichtig bei der Zusammenstellung und worauf freust du dich am meisten?

Die Ausgewogenheit ist sicherlich ein Aspekt, aber letztlich ist auch das Angebot recht überschaubar. Der Eintritt läuft gegen Spende, der Platz ist begrenzt, da ist dann natürlich das Budget minimal, so dass ich Filme für die Leihgebühren anfallen, im Grunde kaum möglich sind. Ich freue mich eigentlich auf alle Filme, aber meine persönlichen Highlights sind „Tanz auf dem Vulkan“, die Deutschlandpremiere von „A Fat Wreck“ und dass am Sonntag Volker „Kampfgarten“ Wendland mit seiner Gitarre vorbei kommt und ein paar Lieder spielen wird.

Kosten 3D, HFR und Dolby Digital extra oder ist das in der Hutspende bereits enthalten?

Punk muss ja immer auch einen Gegenpol darstellen und deshalb wird beim Festival auf hochmodernen Technik Schnickschnack verzichtet. Bei den empfohlenen drei EUR, die Besucherinnen und Besucher in den Hut schmeissen sollten, bleibt dann sicherlich noch Geld übrig für ein leckeres Schlegel im Neuland, wo man übrigens auch ziemlich gut Essen kann.

Du machst Punk als Radiosendung ,zeigst Punk auf der Leinwand, in der Ramoetry hast du Ramones Texte als Lyrik lesen lassen oder veranstaltest Lesungen zum Thema Punk. Juckt es dich nicht manchmal einfach mal ein Konzert zu organisieren oder hast du schon andere Ideen für ein Punk Crossover?

Ein Konzert werde ich 2017 auf jeden Fall veranstalten, denn da wird Punkrockers-Radio 15 Jahre alt und das muss natürlich entsprechend gefeiert werden. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir das, wie zum 10-jährigen, wieder in der Rotunde hier in Bochum machen können. Die öffnet ja glücklicherweise wieder ihre Pforten. Ein Termin steht allerdings noch nicht fest. Andere Pläne gibt es noch nicht, aber mit Radio, Ramoetry und Filmfest bin ich auch reichlich ausgelastet. Ich gehe aber davon aus, dass mir früher oder später wieder irgendwas einfällt und dann mache ich es halt. Das ist ja auch nach 40 Jahren immer noch die Idee von Punk. Kein Plan haben, aber trotzdem machen.

28.-30.10. Too Drunk To Watch, Neuland, Bochum

——-
FREITAG
20:00 Tanz Auf Dem Vulkan
Eine Dokumentation über das einst besetzte Heusnerviertel in Bochum

21:30 Mia san dageng
Punk in München
——-
SAMSTAG
20:00 Oiro Kneipentour
Elf Konzerte in und vor elf Kneipen an einem Tag

20:30 Wo die Zitronen blühen
Kurzfilm der Band Oiro

21:15 A Fat Wreck
Deutschlandpremiere der Doku über das legendäre Label von NOFX-Sänger Fat Mike
——-
SONNTAG
18:30 Volker „Kampfgarten“ Wendland
Live und akustisch

19:30 Drei kurze Filme über die Kassierer

20:15 Verlierer
Der Kultfilm aus den 80ern mit Campino und Ralf Richter

——-
MONTAG
Abschlußparty mit MALASAÑERS und Dørn Shamrock ab 21 Uhr, Die Trompete

Bochum Total hat ja bekanntlich stets ein dickes Programm. Da wir zudem am Samstag beim parallel stattfindenden Jokers Festival lesen werden, haben wir mal einen kleinen Wegweiser gebastelt, wie man die Tage von Donnerstag 14.7. bis Sonntag 17.7. in Bochum so verbringen kann.

Donnerstag startet um 15 Uhr das Jokers Festival in der Buchhandlung Jokers (Kortumstr. 76). Zepp Oberpichlers (Jimmy Keith, Zepp Strange) liest aus dem Roman „Die Stones sind wir selber“ und hat sicher auch eine Gitarre mit am Start. Später könnten dann Schramme11 (18.15 Heinz Bühne) und vor allem Mr. Irish Bastard (20.45 Heinz-Bühne) angesteuert werden. Off-Stage geht es in der Trompete ab 21 Uhr mit Old Styles Best weiter: Seit 17 Jahren covern bzw. zelebrieren die fünf Jungs aus Bochum und Dortmund nun schon die feinsten Punkrock und Hardcore Hits von Ramones, Misfits, Dead Kennedys, The Damned, Sick Of It All oder Turbonegro.  

Beim Jokers Festival geht es Freitag ab 15 Uhr um Metal im Ruhrgebiet. Holger Schmenk liest aus „Kumpels in Kutten. Heavy Metal im Ruhrgebiet“. Zu Gast ist Klaus Vanscheidt. Ab 17 Uhr ist wieder die Heinz-Bühne einen Besuch wert: Es spielen Astairre und anschließend Radio Havanna. Ab 21 Uhr könnte man sein Glück nochmal auf der coolibri-stage im Riff versuchen. Dort spielen die Los Placebos und ab 22.30 Smile and Burn.

Das ganz dicke Highlight findet natürlich Samstag 16.7. um 15 Uhr bei Jokers statt. Dennis und ich lesen die Perlen aus unserem Buch „Mit Schmackes! Punk im Ruhrgebiet“ und werden unterstützt from the one and only Zwakkelmann from Niederrhein. Das wird einfach nur großartig und irre gemütlich! Danach ist eigentlich alles gesagt und die Messe gelesen oder man geht um 20.45 noch zu Itchy Poopzkid auf der Einslive Bühne. Auch auf der coolibri-Stage läuft mit Lygo (18.30), Stereogold (20.30) und Staatspunkrott (22.30) noch Punkrock. Im Anschluss an das Konzert von Tigerjunge und der Thomas Allan Band gibt es in der Trompete ab ca. 22.30 noch Indie, Punkrock und Garage frisch vom Plattenteller!!

Das Programm für Sonntag ist klar: 20.45 die mächtigen Kassierer auf der Heinz-Bühne.

telemarkinputoutÜber Telemarks Duisburger Bros und Sister von Eisenpimmel wurde in auf der Internetseite von Die Zeit mal dieser bescheuerte Satz geschrieben: „An Eisenpimmel fasziniert mich die (un-)ästhetische Schlüssigkeit„. Über Telemark könnte ich das genaue Gegenteil schreiben: „An Telemark fasziniert mich die ästhetische Schlüssigkeit“.

Das fasziniert umso mehr, weil ein paar Telemarker regelmäßig gezwungen werden, bei Eisenpimmel auszuhelfen, wenn mal ein richtiger Akkord oder Ton gebraucht wird. Ähnlichkeiten zwischen beiden Bands gibt es hingegen bei der Arbeitshaltung, die Telemark auf Informat (2009) in „Keine Lust“ und 2016 in „Gerne morgen“ ausgesprochen explizit zur Schau stellten und die vermutlich ihren Teil zu 7 Jahren zwischen zwei Platten geführt hat. Ebenfalls gemeinsam haben beide eine Vorliebe für schöne deutsche Wörter. Während Eisenpimmel uns seiner Zeit im Interview das Wort „keck“ wieder in Erinnerung riefen, holen Telemark das korrekte „akkurat“ in dem gleichnamigen Song aus der Versenkung. Das finde ich gut!

Telemark liefern jedenfalls jedes mal ein geiles, fett produziertes musikalisches Brett mit Stil und viel viel Witz in den kryptischen Texten ab. Nun also input/out: Mehr Wucht, mehr, Bass, teilweise extrem fett hochgeschraubte Songs. Musikalisch macht der Band keiner was vor. Postpunk, Punk, Noise, Alternative, Indie sind die Eckpunkte, mich hätte nicht gewundert, wenn Kurt Ebelhäuser den einen oder anderen Song produziert hätte. Hat er aber nicht. Insgesamt klingen Telemark deutlich aggressiver, was ihnen ausgesprochen gut steht.

Auch Themen und Stimmung im Ganzen sind ernster geworden ist, ohne Witz sind die Texte aber bei Leibe nicht. Allein so poetische Reime wie

„Lieber ein Bier mit dir,
als ich allein mit mir.“

(aus dem bombastischen „Kaputte Köpfe“) oder

„Ich tu mich etwas schwer,
dem anderen zu erklären,
dass ich ihn nicht mag so sehr.“

(aus dem anschließenden „Wortort“) sind mindestens Literaturpreis Ruhr würdig und lockern die härteren Themen immer wieder auf. Denn Dügida und der gar nicht mal so sanfte Niedergang haben aber Spuren darin hinterlassen. Querverweise zum Leerstand („Jammer Jamma Hey“) oder stetiger Fremdenfeindlichkeit („Schokolade“, „Kopfreiniger“) werden mal mehr, mal weniger stark explizit gezogen, aber nie mit Parolen oder unterkomplexen Theorien ausgelutscht. Ganz im Gegenteil ist vieles eher Zitat des geführten Diskurses auf den Straßen, es ist ja nicht so, dass Telemark den Leerstand schlecht finden, sondern sie tragen den Diskurs der Einkaufsstraße in die Rockmusik:

„Weiter Leerstand, weiter Leerstand
Ob im Hier, ob im Ich und alles so
Jammer Jamma Hey.“

Und so ist input/out so eine Art neubautensche oder kraftwerksche Vertonung Duisburgs auf Aggro. Und so sind Telemark quasi die Schimanski des scharf geschliffenen Postpunk oder eben die ästhetische Version von Eisenpimmel. Hammer Hammer Ey!

Quasi zeitgleich erschien das Debüt der Band Storno mit teilweise überschneidender Besetzung. Die ist auch großartig und wird demnächst auch vorgestellt 🙂

Telemark bei bandcamp

Telemark bei Facebook

Astairre_Promo1Unser Bottroper Gastautor André (im Buch mit einem Beitrag über die Upright Citizens) schwärmte immer schon von der Bottrop-grounded Band Astairre in den allerhöchsten Tönen und womöglich wäre sie auch Thema in unserem Buch über Punk im Ruhrgebiet vertreten, wenn sie nicht zwischenzeitlich nach Köln umgesiedelt wäre und mangels Veröffentlichungen seinerzeit nicht auch unbedingt ein aktuelles Thema waren, was ja nun erklärtermaßen ein gewisses Kriterium für unsere Auswahl war. Umso erfreuter stellten wir fest, dass Astairre eine tolle neue EP am Start haben, André gefragt, wo man seine Bottroper Buddys am besten erreicht, Fragen gestellt und von Schlagzeuger Max Antworten zwischen Grugahalle und Muttis Garten bekommen. Unsere Review zur EP gibts oben drauf unten drunter.

1.  Wie bist du zum Punk gekommen?

Max: Das ist ziemlich einfach erzählt: Es war 1995, Grugahalle in Essen, es spielten Die Ärzte als Headliner und WIZO als Vorgruppe. Kurze Zeit später kaufte ich mir die „Herrenhandtasche“ von WIZO und bekam von meinem Stiefbruder ein Tape mit ihren ersten beiden Alben, da war’s um mich geschehen. Die Wildheit, ihre inhaltliche Unangepasstheit und die musikalische Energie, die das transportierte, haben mich direkt angesprochen und fasziniert.

2. Hat das Ruhrgebiet eine bestimmte Bedeutung für dich?

Klar doch! Wenn mein „Heimat“-Begriff irgendwie an einen Raum gebunden ist, dann sicherlich an das Ruhrgebiet. Dort bin ich aufgewachsen, von dort kommen meine ältesten Freunde und auch wir als Band. Die Mentalität und Sprache des Potts liegt uns persönlich nahe: offen, direkt und rau — hart aber herzlich.

3. Verbindet Punk und Ruhrgebiet irgendetwas?

Das Ruhrgebiet hat einige tolle Punkrock-Bands hervor gebracht, wie  die Upright Citizens, Pills Angels und So What?!. Oder, um mal ein aktuelles Beispiel zu nennen: die grandiosen Kaput Krauts, mit Ausnahme ihres neuen Bassisten, stammen auch alle aus dem Ruhrpott. Insofern gab es immer, besonders im Dreieck Essen-Bochum-Dortmund, aber auch in anderen, kleineren Städten, wie beispielsweise Oberhausen durch das Druckluft, eine lebendige Szene.

4. Was ist der punkigste Ort im Ruhrgebiet?

Das hängt natürlich jetzt mal wieder sehr von der vielseitig diskutierten Definition von Punk ab; aber wenn man darunter den Ort versteht, wo Punkrock in seiner sozio-kulturellen Form, auch was das Umfeld anbelangt, am meisten stattfindet, dann ist es wohl das AZ Mülheim. Ansonsten die Terrasse meiner Mutter.

 

Es ist echt irre, also nicht Astairre, sondern wirklich irre: Der Sound von Astairre (nunmehr angesiedelt in Köln) passt wirklich nicht mehr so recht ins Ruhrgebiet. Spielt die Umgebung wirklich so massiv in die Songs hinein oder bilde ich mir das nur ein? Ist das dann eher so Köln-Punk? Jedenfalls ist das ingesamt ein bisschen mehr zum Nachdenken und die Jungs sind auch als Typen sehr viel gepflegter als der gemeine Ruhrpunk. Im Opener „Ich hasse meine Freunde“ knarzt es jedenfalls ordentlich, ich bin nicht gut im Akkorde zählen, aber keine Ahnung, warum der Fö das hier nicht als Punk ansieht. Starker Song! Das gibt aber nicht die Linie für die EP vor, die zum Beispiel in „Cavern Club“ musikalisch auch sehr viel ruhigere Töne anschlägt und über die fünf Songs musikalisch die volle Bandbreite dazwischen ausspielt. Sie verarbeitet inhatlich all das, was einen nachdenklich machen kann, und musikalisch, wie man damit so umgehen kann. Melancholie, Wut und all den feinen Nuancen dazwischen. Mit „Solange wir noch funktionieren“ ist Astairre eine musikalisch sehr schön abwechslungsreiche und inhaltlich nachdenkliche EP gelungen. Dabei klingt die Platte Punk sei Dank nicht überproduziert, so dass auch die ruhigeren Songs eine kernige Proberaumathmospäre ausstrahlen.

Live:

15.7. Bochum Total, Bochum
13.8. Olgas Rock, Oberhausen

 

Astairre bei Facebook

Astairre Feature bei Bierschinken in Bierschinken-Qualität

Letztens bei einigen Bierchen (und einen Gratis-Schnaps) im Intershop fragte sich der Autor dieser Zeilen, warum es eigentlich nie Zwakkelmann-Vinyl gibt, noch mehr: Warum Zwakkelmann-CD so fest mit einander verbunden ist, dass sich Zwakkelmann-Vinyl, Zwakkelmann-MC oder Zwakkelmann-Stream in etwa so anhören wie im Gegenzug zum Beispiel Beatles-CD. Jeder Künstler scheint seinen Ort zu haben, Zwakkelmann ist der CD Typ. Vinyl oder noch schlimmer MC passen freilich zu den Künstlern, die in der Zeit veröffentlichten als man sich eben dieser Technik bediente, und zu den Künstlern, die später diese Medien nutzen, wenn sie wieder angesagt sind und um sich ggf. ein bisschen ein Teil der Angesagtheit abzuschneiden. Zwakkelmann vom Niederrhein muss nichts dergleichen: Zwakkelmann ist Jahrgang CD und Zwakkelmann muss auch niemanden beweisen, dass er angesagt ist. Zwakkelmann ist Zwakkelmann, Zwakkelmann ist Gegenwart und Zwakkelmann ist Niederrhein und somit von jedem Verdacht von Angesagtheit befreit. Zwakkelmann ist CD, gern abgespielt auf einer Kompaktanlage von Aldi-Süd. Und noch viel mehr: Zwakkelmann vereint die besten Eigenschaften einer CD: Beides ist einfach und direkt, erfordert keine besonderen Vorkenntnisse, Beides ist leicht zu lagern (Zwakkelmann findet sich immer ganz am Schluss der Sammlung) und nicht zuletzt taugt beides gelegentlich auch mal als Spiegel. Denn die erzählten Geschichten kennt man dann doch auch von sich selbst in ähnlicher Weise.

Die neue Zwakkelmann-CD heißt „Entschuldigung“ und enthält all das, 16 erdige Schlager-Punkrock-Singer-Songwriter-Stücke in gewohnter Zwakkelmann-Qualität und Einmaligkeit, denn diese musikalische Mischung zu einem eigenen Sound in Verbindung mit diesen persönlich-witzig-schrägen Geschichten kann ich weder genauer beschreiben geschweige denn Vergleichen. Zwakkelmann Supermann eben.

Schlaffke, wieso erscheinen deine Platten eigentlich immer auf CD?

Hmm, obwohl ich mit Vinyl aufgewachsen bin und die Einführung der Compactdisc für meine alte Band Schließmuskel eher negative Auswirkungen hatte, mutierte ich seltsamerweise nie zu einem richtigen Vinyl-Freak. Auch im hohen Alter nicht. Mir gehts vorrangig um die Musik und nicht um den Tonträger. Ich finde CDs auch irgendwie praktischer. Vielleicht, weil ich mittlerweile `ne Kompaktanlage habe, an die man nur schlecht `nen Plattenspieler anschließen kann. Auch hör ich viel Musik über meinen PC, auch wenn das jetzt nicht übermäßig pc (also politically correct) daher kommt. Entschuldigung, ich konnte aus dem Sammeln von Tonträgern nie so richtig `nen Kult machen. Ich hätte aber absolut nichts dagegen, wenn Zwakkelmann auch auf Vinyl erscheinen würde. Nur müsste sich erstmal `n Sponsor finden, denn größtenteils ist das `ne Geldfrage. Zumal man in der heutigen Zeit, wenn man es auf einem so erbärmlichen Level wie ich betreibt, an Tonträger-Produktionen eigentlich nur Miese macht.

Jetzt wo du deine Geliebte Z (für Zigarette) aus deinem Leben verbannt hast, müsstest du dich dann nicht eigentlich Wakkelmann nennen?

Ich brauchte einen Moment, bis ich`s kapierte. Ha, ha, ha, ich will mein Z zurück!

Du schreibst ja sehr regelmäßig sehr viele Songs. Diesmal sind es glaube ich 16 geworden. Woher weißt du wann ein Song gut genug ist? Ist das so eine „is egal, ich lass das jetzt einfach so“ Haltung oder ist es dieser berühmte oha Moment?

Ich glaub, man hat direkt im Gefühl, ob ein Song wirklich stark ist, den man gerade geschrieben hat. Aber manchmal können Lieder auch wachsen. Zum Beispiel kommt es drauf an, wie man sie im Endeffekt spielt. Ich probiere da schon viel rum. Teste die Stücke in verschiedenen Tonlagen an oder arrangiere mit meiner Bigband im Proberaum rum. Auch an den Texten feile ich bisweilen sehr lange und intensiv, bis sie mir zusagen. Texten ist teilweise echte Fleißarbeit. Ich verfüge ja mittlerweile über einen feisten Fundus an Liedern und Songideen (teilweise auch nur Fragmente), aus dem ich bei Bedarf schöpfen kann. Da is` aber auch jede Menge Müll dabei. Meist sind es jedoch eher die neuen Lieder, die veröffentlicht werden.

Außer dafür, dass du uns noch ein Butterbrot schuldest, brauchst du dich zumindest bei uns für nichts zu entschuldigen. Fehlt dir im Punkrock zu sehr Höflichkeit und gute Manieren?

`ne gewisse Höflichkeit und auch halbwegs gute Manieren find ich nicht verkehrt. Aber man muss es auch nicht überteiben. Ich sing zwar „Ja, vielleicht bin ich asozial“, aber meiner Meinung nach muss es im Punk nicht total asozial zugehen. Deshalb heißt es ja auch „…vielleicht bin ich asozial“. Ich mag es schon ein bisschen gesitteter, was nicht heißen soll, dass ich mir nicht den Arsch vollhauen, mich daneben benehmen und anderen auf die Nerven kann.

Wie oft entschuldigst du dich persönlich eigentlich so freiwillig oder gezwungen?

Da ich permanent `n schlechtes Gewissen habe, entschuldige ich mich genau 240 Mal am Tag. Das geschieht fast immer aus einem inneren Zwang heraus.

Wäre es eigentlich nicht mal so richtig niederrheinisch eine große Knibbelaktion mit dem Ziel mehr Sauberkeit und Ordnung zu starten, bei der diese Milliarden von Zwakkelmann Aufklebern entfernt werden, vielleicht als Trinkspiel im öffentlichen Raum?

https://www.facebook.com/punkimruhrgebiet/photos/o.141911655841305/818235391614793/?type=3&theater

<p>

Das is` `ne jute Idee. Und für jeden abgeknibbelten Zwakkelmann-Aufkleber gibts von Schlaffke, dem Streber und Arbeitgeber, `nen Schnaps auf die Leber (schöner Reim).

Alles Gute nachträglich übrigens!!! Hast du eigentlich schöne Geschenke bekommen?

Dankeschön! Ja, da waren einige tolle Geschenke dabei. Zum Beispiel ein Kuchen in Z-Form, `ne The Who-Tasse und eine unsagbar hässliche, selbst gestrickte Schlaffke-Pudelmütze. Ein Witzbold schenkte mir außerdem `ne Helene Fischer-Biografie. Aber wirklich grandios, die John Lydon-Biografie „Anger is an energy“ von meinem Ex-Schlagwerker. Überaus köstlich, interessant und unterhaltsam, das Teil.

 Live:

https://www.facebook.com/141911655841305/photos/a.484031941629273.117579.141911655841305/1182582981774162/?type=3&theater

<p>